Fellow project: "Gelehrter Eigensinn im Dritten Reich"
Die deutschen Historiker haben im Dritten Reich keine gute Figur abgegeben. Von Opportunismus, Karrieredenken und Anpassungsbereitschaft war ihr Verhalten allzu häufig geprägt. Umso bemerkenswerter sind die Ausnahmen. Der Berliner Mediävist Carl Erdmann (1898-1945) galt als bedeutender Gelehrter, dem in seinem Fach die Zukunft gehörte. Eine Berufung auf einen Lehrstuhl scheiterte jedoch regelmäßig an seiner kompromisslosen Ablehnung des Nationalsozialismus. Mehrfach geriet er mit NSDAP und SS in Konflikt, da er der nationalsozialistischen Geschichtsideologie mit wissenschaftlichen Mitteln widersprach und auf einer nicht politischen Interpretation der Geschichte beharrte. Dafür verzichtete er auf eine Universitätskarriere, zog sich auf eine schlecht bezahlte Forschungsstelle zurück und ging schließlich auf dem jugoslawischen Kriegsschauplatz zugrunde. Bedeutende Darstellungen und gelehrte Editionen zur mittelalterlichen Geschichte sind von Erdmann geblieben. Eine exemplarische Biographie soll zeigen, welcher Entscheidungen es im Dritten Reich bedurfte, um wissenschaftliche Redlichkeit und menschlichen Anstand zu bewahren.