Fellow project: "Bewegung im Wissensraum - Figurativität und Formelhaftigkeit als Indikatoren des wissenschaftssprachlichen und institutionellen Wandels"
Im Verlauf der Frühen Neuzeit gewinnt eine vernakuläre Wissenschaftskommunikation allmählich Kontur. Dabei vermochte die Volkssprache zunächst, während der unangefochtenen Dominanz des Gelehrtenlateins an den Universitäten, lediglich vereinzelte Nischen zu besetzen. Wie Schiewe (1996) zeigen konnte, war der sich dann im 18. Jahrhundert auf breiter Front vollziehende Sprachenwechsel mit der Entstehung und Durchsetzung eines modernen Wissenschaftsbegriffs interdependent. Zeitgleich vollzog sich die Ablösung eines überkommenen Denkstils, der vorrangig auf die Tradierung eines autoritätsgebundenen und aus Sicht der Gesellschaft arkanen Wissenskanons ausgerichtet war. Der Sprachenwechsel war somit eingebettet in einen umfassenderen wissenschaftsgeschichtlichen Transformationsprozess, der eine Auswahl und Umformung bestehender gemein- wie fachsprachlicher Mittel für den Zweck einer vernakulären Wissenschaftskommunikation erforderlich machte. Die skizzierten Prozesse dürften ihren konkreten sprachlichen Niederschlag auch und gerade im Bereich der „alltäglichen“ Wissenschaftssprache gefunden haben. Deren Ausdrucksmittel mussten mit dem Einzug des Deutschen in die akademische Domäne allerdings erst etabliert werden, ein Anpassungsprozess, der unter anderen Vorzeichen stattfand als die fachsprachliche Terminologiearbeit. Als Ergebnis dieses Prozesses ist die (deutsche) alltägliche Wissenschaftssprache heute stark geprägt durch eine besondere Figurativität ihrer Ausdrucksmittel, die vorrangig im engen Rahmen konventioneller Formulierungsroutinen realisiert wird (Fandrych 2006). Es ist deshalb Ziel des Projekts, Formelhaftigkeit und Figurativität als wissenschaftssprachliche Indikatoren des kommunikativen und institutionellen Wandels für eine sprachhistorische Analyse nutzbar zu machen.