Professor Dr. Stefan Huster
Alfried Krupp Senior Fellow
(April 2015 - September 2015)
- Geboren 1964 in Gütersloh (NRW)
- Studium der Rechtswissenschaft und Philosophie an den Universitäten Bielefeld und Frankfurt/M.
- Professor für Öffentliches Recht, Sozial- und Gesundheitsrecht und Rechtsphilosophie an der Ruhr-Universität Bochum
Fellow-Projekt: "Grund und Grenzen gesundheitlicher Selbstbestimmung"
Die deutsche Gesundheitspolitik ist mit Blick auf Fragen der Selbstbestimmung durch zwei – zumindest auf den ersten Blick – gegensätzliche Tendenzen geprägt. Auf der einen Seite wird Selbstbestimmung und Eigenverantwortung im System der Gesundheitsversorgung eine zunehmende Bedeutung zugeschrieben, wenn der Gesetzgeber etwa an das Unterlassen von Vorsorgeuntersuchungen oder an die Vornahme von medizinisch nicht indizierten Eingriffen nachteilige Kostenfolgen für den Versicherten knüpft, wenn es dann zu einer Erkrankung kommt. Hier dient die Berufung auf die Eigenverantwortung des Versicherten der Begründung von Rechtsfolgen. Auf der anderen Seite werden im Bereich der Präventionspolitik zunehmend Maßnahmen ergriffen oder zumindest diskutiert – von Rauchverboten über die Besteuerung „ungesunder“ Lebensmittel bis zum Verbot für Jugendliche, Bräunungsstudios zu besuchen -, die die Bedeutung der Selbstbestimmung und der Verantwortung für die eigene Gesundheit zu relativieren scheinen. Beide Tendenzen werden als Entsolidarisierung und als staatliche Übergriffe in die freie Lebensgestaltung der Bürger vehement kritisiert, aber auch ausdrücklich begrüßt und eingefordert. Dies alles deutet darauf hin, dass Grund und Grenzen von Selbstbestimmung und Eigenverantwortung mit Blick sowohl auf die sozialen Verpflichtungen des Staates als auch auf seine Eingriffs- und Lenkungsbefugnisse unklar sind.
Die Forschungszeit am Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald soll zur Erstellung einer Monographie genutzt werden, die Grund und Grenzen der Selbstbestimmung und ihre Bedeutung für die Gestaltung von Gesundheits- und Sozialpolitik und -recht analysiert. Ein besonderes Augenmerk soll dabei auf den Zusammenhang von Gesundheit, Selbstbestimmung und sozialer Ungleichheit gelegt werden. Das Vorhaben wird im Hinblick auf die allgemeine Bedeutung der Autonomie als Grundlage des Rechts in intradisziplinärer Kooperation mit Tatjana Hörnle durchgeführt.