Dr. Robin Markwica

Alfried Krupp Junior Fellow
(April 2021 - September 2021) 

  • Studium der Politikwissenschaft und Geschichte an den Universitäten Cambridge, Freiburg, Harvard und Oxford
  • Promotion im Fach Internationale Beziehungen an der Universität Oxford
  • Postdoktorand am Robert Schuman Centre for Advanced Studies des European University Institute in Florenz

Fellow-Projekt: „Rivalität zwischen Großmächten in der internationalen Politik“

Unter welchen Bedingungen geraten aufstrebende und etablierte Großmächte miteinander in Konflikt? Und wie bleiben die Beziehungen zwischen ihnen friedlich? Angesichts des Aufstiegs Chinas und Indiens, eines zunehmend aggressiv auftretenden Russlands und verbreiteter Verunsicherung in Europa und den USA sind diese Fragen gegenwärtig besonders relevant. Traditionelle Ansätze in der Forschung über internationale Beziehungen richten den Blick v.a. auf militärische Machtunterschiede und den Grad an wirtschaftlicher Interdependenz. Dabei vernachlässigen sie, dass das Handeln der Regierenden stark von ihren Überzeugungen, Identitäten und Emotionen beeinflusst werden kann. Das vorliegende Projekt geht davon aus, dass diese kognitiven, kulturellen und affektiven Phänomene die Beziehungen zwischen Großmächten entscheidend prägen. Auf der Grundlage von Forschungsergebnissen aus der Psychologie entwickelt es eine kognitiv-affektive Theorie der Rivalität, um Entscheidungsfindungsprozesse von Regierenden in einer Reihe von Fallstudien zu analysieren.


Ergebnisse des Fellowships

Unter welchen Bedingungen geraten aufstrebende und etablierte Großmächte miteinander in militärischen Konflikt? Und wie bleiben die Beziehungen zwischen ihnen friedlich? Ein Blick in die Geschichte zeigt einige Hegemonialmächte, die Kriege gegen aufstrebende Mächte führten, um an der Spitze zu bleiben. Und es gibt ähnlich viele aufsteigende Mächte, die Konflikte anzettelten, um eine etablierte Macht vom Sockel zu stürzen. Das klassische Beispiel ist der Peloponnesische Krieg im 5. Jahrhundert v. Chr. Laut dem Chronisten Thukydides ging die Auseinandersetzung auf den Aufstieg Athens zurück und die Furcht, die er in der damaligen Hegemonialmacht Sparta auslöste. Ein weiteres Beispiel aus der Neuzeit sind die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen dem im Niedergang befindlichen Spanien und dem aufstrebenden Frankreich im 17. und 18. Jahrhundert. Und Anfang des 20. Jahrhunderts sahen Kaiser Wilhelm II. und seine Regierung den Aufstieg Russlands als Bedrohung, was bekanntlich in den Ersten Weltkrieg mündete. 

Warum ist dies heute relevant? Im frühen 21. Jahrhundert befinden wir uns in einer multipolaren Welt. Wir erleben den Aufstieg Chinas und Indiens in einer internationalen Ordnung, die größtenteils von den Vereinigten Staaten von Amerika geschaffen wurde. Wir sehen ein aggressiv auftretendes Russland und verbreitete Verunsicherung in Europa. In den letzten Jahren sind die zunehmenden Spannungen zwischen Peking und Washington besonders in den Fokus gerückt. China ist seit den Wirtschaftsreformen in den 1970er Jahren kontinuierlich gewachsen. Heute ist es die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt nach den USA. Verschiedene wirtschaftswissenschaftliche Prognosen legen den Schluss nahe, dass China innerhalb dieses Jahrzehnts an die erste Stelle treten wird. Einige Politikwissenschaftler – z.B. Graham Allison oder Reinhard Wolf – gehen daher davon aus, dass Peking und Washington zwangsläufig früher oder später Krieg führen werden.

Ganz so pessimistisch bin ich nicht, aber ich glaube, dass wir noch besser verstehen müssen, wie es zu Konflikten zwischen auf- und absteigenden Großmächten kommt und unter welchen Bedingungen der Friede bewahrt werden kann. In der bestehenden Forschungsliteratur gibt es fünf einflussreiche Ansätze: Erstens, Machtübergangstheorien gehen davon aus, dass Friede zwischen Großmächten am wahrscheinlichsten ist, wenn es einen hegemonialen Staat gibt, der ein Übergewicht an wirtschaftlicher und militärischer Macht besitzt. Wenn jedoch absehbar ist, dass so ein Hegemon von einer aufstrebenden Großmacht wirtschaftlich und militärisch überholt wird, dann erhöht sich laut Machtübergangstheorien das Risiko eines bewaffneten Konflikts – insbesondere, wenn die aufstrebende Macht die vom Hegemon geschaffene internationale Ordnung ablehnt.

Zweitens, Theorien des sogenannten „defensiven Realismus“ gehen davon aus, dass Großmächte lediglich Sicherheit für sich beanspruchen. Wenn sie sich sicher fühlen, ist friedliche Koexistenz durchaus möglich. Nur wenn sie einen anderen Staat als Bedrohung ihrer Sicherheit wahrnehmen, sind sie bereit, Gewalt anzuwenden.

Drittens, Theorien wirtschaftlicher Interdependenz gehen davon aus, dass Handel zwischen Großmächten friedliche Beziehungen fördert. Laut der Theorie stärkt Handel inländische Interessengruppen, deren Lebensunterhalt vom weiteren Austausch von Waren und Dienstleistungen abhängt. Deshalb hätten diese Interessengruppen starke Anreize, sich für friedliche Beziehungen einzusetzen. Das heißt im Gegenzug: Umso weniger wirtschaftlicher Austausch zwischen Großmächten, desto höher das Risiko eines Konflikts.

Viertens betonen einige Forscher:innen die Rolle der Regierungsform. Wenn zwei Demokratien im Wettbewerb um die Vorherrschaft stehen, läuft das in der Regel friedlich ab. Denn sie teilen politische Werte und relativ transparente demokratische Institutionen. Schwierig wird es dagegen, wenn eine Demokratie einer Diktatur gegenübersteht. Hier können unterschiedliche Wertvorstellungen miteinander in Konflikt geraten. Außerdem handelt es sich bei Diktaturen um relativ geschlossene politische Systeme, die selten transparent Auskunft über ihre außenpolitischen Pläne geben. Viele Expert:innen gehen daher davon aus, dass es eher zum Krieg kommt, wenn eine Diktatur an einem Wettbewerb um Vorherrschaft beteiligt ist.

Fünftens gibt es einige Analyst:innen, die die vorherrschenden Ideologien der jeweiligen Großmächte genauer unter die Lupe nehmen, wie z.B. liberale, konservative, neokonservative oder kommunistische Weltanschauungen. Wenn aufsteigende und etablierte Staaten ähnliche Ideologien verinnerlicht haben, erhöht das die Chance auf friedliche Beziehungen. Wenn sie aber unterschiedliche Weltanschauungen haben, befördert das eher Konflikte.  

Meine Hauptkritik an den ersten drei Ansätzen bezieht sich auf ihre wie ich finde vereinfachenden Grundannahmen. Sie gehen davon aus, dass Staaten und ihre Regierenden lediglich nach Macht, Sicherheit und Wohlstand streben. Es stimmt sicher, dass Macht, Sicherheit und Wohlstand oft zentrale Regierungsziele sind. Die Verengung auf diese Ziele wird aber der Komplexität der menschlichen Psyche nicht gerecht. Es gibt auch andere wichtige Grundbedürfnisse, die wir nicht außer Acht lassen sollten, wie z.B. der Wunsch nach Anerkennung und Respekt. Dieser ist wiederum eng verwoben mit Identitäten und Emotionen. Die Forschung über die Rolle von Ideologien in Großmachtkonflikten hat sich zum Teil mit der Bedeutung von Identitäten beschäftigt. Die Rolle von Emotionen hat sie bisher jedoch vernachlässigt.

Das vorliegende Projekt geht davon aus, dass diese kognitiven, kulturellen und affektiven Phänomene die Beziehungen zwischen Großmächten entscheidend prägen. Auf der Grundlage von Forschungsergebnissen aus der Psychologie entwickelt es eine kognitiv-affektive Theorie der Rivalität, um Entscheidungsfindungsprozesse von Regierenden zu analysieren. Im Zentrum der Theorie steht das sogenannte „Rivalitätsmindset“ – eine mentale Disposition, die bestimmte kognitive und emotionale Prozesse im Gehirn auslöst, die sich wiederum auf die Entscheidungsfindung auswirken. Dieses Rivalitätsmindset bildet sich, wenn sich ein konventioneller Wettbewerb in eine Rivalität transformiert. Laut der psychologischen Forschung sind drei Bedingungen dabei besonders wichtig: Erstens, ähnlich starke Fähigkeiten und Leistungen bei den Wettbewerbern; zweitens, wiederholte als „Wettkämpfe“ wahrgenommene Interaktionen mit unterschiedlichem Ausgang – mal gewinnt die eine Seite, mal die andere; und drittens, die Wahrnehmung, dass die andere Seite die eigene Identität nicht anerkennt und respektiert.

Was passiert also, wenn Akteur:innen so ein Rivalitätsmindset bilden und verinnerlichen? Die psychologische Forschung hat eine Reihe von Auswirkungen auf das Denken, Fühlen und Verhalten identifiziert:

  • Akteur*innen mit einem Rivalitätsmindset neigen dazu, die Beziehung mit dem Rivalen als Nullsummenspiel zu begreifen. 
  • Sie beschäftigen sich oft obsessiv mit vergangenen Siegen und Niederlagen gegenüber dem Rivalen.
  • Sie neigen dazu, intensive Emotionen gegenüber dem Rivalen zu empfinden, wie z.B. Angst, Wut, Stolz, Neid oder Erniedrigung.
  • Sie verfügen über eingeschränkte Aufmerksamkeitskapazität und denken eher oberflächlich als systematisch in Bezug auf den Rivalen.
  • Sie neigen dazu, die mit der Rivalität verbundenen materiellen Kosten zu unterschätzen oder ganz zu vernachlässigen.
  • Sie sind eher bereit, hohe Risiken einzugehen, um den Rivalen zu übertrumpfen.
  • Und schließlich neigen sie dazu, sich relativ spontan in Wettkämpfe mit dem Rivalen zu stürzen, anstatt sich längerfristig vorzubereiten und zu planen.

Diese Effekte des Rivalitätsmindsets bilden den Kern meiner psychologischen Theorie der Rivalität. Die Annahme ist: Je mehr dieser Effekte kumulativ zusammenkommen, desto höher die Wahrscheinlichkeit einer gewaltsamen Eskalation zwischen Rivalen. 

Das Projekt verwendet eine Kombination aus qualitativen Methoden und einem hermeneutischen Ansatz, um die Interaktion zwischen Großmächten zu untersuchen. So versuche ich, das Verhalten von Regierenden zu analysieren, zu interpretieren und gegebenenfalls ein Rivalitätsmindset zu erkennen. Außerdem verwende ich Alexander Georges Process Tracing-Technik, um herauszufinden, ob Rivalitätsmindsets tatsächlich eine Wirkung auf die Entscheidungen von Regierenden hatten.

Machtübergänge sind immer in einen längerfristigen Kontext eingebettet. Deshalb eignen sich Fallstudien über größere Zeiträume sehr gut, um den Verlauf der Beziehungen zwischen Großmächten zu untersuchen und zu vergleichen. Dem Projekt liegen fünf Fallstudien zugrunde: Erstens, die Beziehungen zwischen Frankreich und Preußen von 1864 bis 1870; zweitens, die anglo-amerikanischen Beziehungen von 1861 bis 1898; drittens, die Beziehungen zwischen Deutschland/ Österreich-Ungarn und Russland von 1897 bis 1914; viertens, die amerikanisch-sowjetischen Beziehungen in der Hochphase des Kalten Kriegs von 1953 bis 1962; und fünftens, die amerikanisch-chinesischen Beziehungen im frühen 21. Jahrhundert.

Ich habe diese Fallstudien aus mehreren Gründen ausgewählt: Erstens gelten alle fünf Fälle als folgenreiche Machtverschiebungen vom 19. bis 21. Jahrhundert. Sie haben tiefe Spuren in der europäischen und internationalen Geschichte hinterlassen. Zweitens verliefen sie unterschiedlich: In der ersten und dritten Fallstudie kam es zu militärischen Konflikten: zum einen der Deutsch-Französische Krieg von 1870/71 und zum anderen der Erste Weltkrieg. In der zweiten, vierten und fünften Fallstudie gelang es den Protagonist:innen, direkte militärische Auseinandersetzungen zu vermeiden. Die anglo-amerikanischen Beziehungen im späten 19. Jahrhundert verliefen friedlich. In den Beziehungen zwischen den USA und der Sowjetunion kam es zumindest zu keinem direkten militärischen Konflikt. Die amerikanisch-chinesischen Beziehungen verliefen bisher ohne militärische Konflikte, verhärten sich derzeit allerdings.

Durch den unterschiedlichen Verlauf dieser fünf Fälle können wir nicht nur untersuchen, ob und wie Rivalitätsmindsets den Ausbruch von Konflikten beeinflussten. Wir können so auch der Frage nachgehen, ob die verminderte Bedeutung von Rivalitätsmindsets oder die Abwesenheit oder Überwindung solcher Mindsets mit friedlicher Koexistenz verbunden war. 

Im Laufe des Fellowship-Zeitraums kam ich zu einer Reihe relevanter Ergebnisse:

Die Beziehungen zwischen Frankreich und Preußen in den späten 1860er Jahren mündeten in den bedeutendsten militärischen Konflikt des späten 19. Jahrhunderts. Der Deutsch-Französische Krieg führte zu einem vereinigten deutschen Staat unter preußischer Führung, was wiederum den Weg für die großen Konflikte des 20. Jahrhunderts ebnete. Der direkte Auslöser des Krieges war eine Auseinandersetzung um die spanische Thronfolge. Die Spanier und Preußen wollten Prinz Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen krönen; doch die französische Regierung war strikt dagegen. An dieser Stelle gibt die Fallstudie jedoch ein interessantes Rätsel auf: Denn als die französische Regierung drei Wochen später den Krieg erklärte, hatte sie den Konflikt um die Thronfolge schon längst diplomatisch zu ihren Gunsten gelöst. Nach starkem französischen Druck hatte die Familie Hohenzollern die Kandidatur für den spanischen Thron öffentlich zurückgezogen, was ein beachtlicher Erfolg der französischen Diplomatie war. Frankreich erklärte aber trotzdem den Krieg – und zwar ohne seine Armee vorzubereiten; ohne sich die Unterstützung von internationalen Verbündeten zu sichern; und ohne über ausreichende Pläne für einen Angriffskrieg zu verfügen. Wie lässt sich also Frankreichs verblüffende Entscheidung erklären? Warum stürzte es kopfüber in die Niederlage?

In der Literatur gibt es eine Reihe von Interpretationen: Laut Vertreter:innen der Machtübergangstheorie war Frankreich in seiner Hegemonialstellung vom Aufstieg Preußens nachhaltig bedroht. Der Konflikt soll deshalb schlechthin unvermeidlich gewesen sein. Andere Expert:innen betonen den innenpolitischen Druck sowohl in Frankreich als auch in Preußen. In beiden Ländern drängten nationalistische Kräfte auf eine Konfrontation. Wieder andere gehen davon aus, dass die beiden Regierungen sich bewusst für den Krieg entschieden, um ihre Bevölkerungen hinter sich zu vereinen und von innenpolitischen Problemen abzulenken. 

Das Problem dieser Ansätze ist, dass die von ihnen betonten Faktoren – der französisch-preußische Antagonismus, Nationalismus und innenpolitische Probleme – in der gesamten zweiten Hälfte der 1860er Jahre relativ konstant präsent waren. Das heißt, diese Faktoren können nicht ausreichend erklären, warum der Krieg gerade im Juli 1870 ausbrach. Ich behaupte, dass meine psychologische Theorie der Rivalität hier behilflich sein kann. Meine These lautet: Sowohl in Frankreich als auch in Preußen waren wichtige Regierungsmitglieder in einem Rivalitätsmindset gefangen. Die von dem Mindset ausgelösten kognitiven und emotionalen Prozesse trugen entscheidend zu einer Eskalation der Situation im Juli 1870 bei. Auf beiden Seiten spielten hoch emotionale Identitäts- und Rivalitätsdynamiken eine wichtige Rolle. Dies galt gerade auch für Regierende, die in der politikwissenschaftlichen Literatur allgemein als Vertreter eines hyperrationalen, nüchtern-strategischen Denkens gelten, wie z.B. der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck.

Bei der Fallstudie über Großbritannien und die USA war ein wichtiger Befund, dass es sich in diesem Zeitraum keineswegs um die „special relationship“ handelte, die seit dem Zweiten Weltkrieg oft von beiden Regierungen zelebriert wird. In wichtigen Phasen des Amerikanischen Bürgerkriegs (1861-65) z.B. gab es eine außerordentlich scharfe Rivalität zwischen der amerikanischen und britischen Führung. Diese hätte an verschiedenen Stellen auch fast zu einem Krieg geführt. Letztlich gelang es den Protagonisten aber, ihr Rivalitätsmindset zu überwinden und schließlich zu kooperieren. Diese Entspannung war ein langer Prozess, der beileibe nicht nur auf gemeinsame kulturelle Werte zurückzuführen ist. Deshalb scheint mir diese Fallstudie auch eine relevante Blaupause für die Überwindung von aktuellen Rivalitäten in der internationalen Politik.

Meine Recherchen über die amerikanisch-chinesischen Beziehungen im frühen 21. Jahrhundert deuten darauf hin, dass sowohl Regierende in Peking als auch in Washington in den letzten Jahren angefangen haben, Rivalitätsmindsets zu entwickeln. Die kommunistische Führung möchte China nach eigenen Angaben bis 2049, dem 100. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik, zur führenden Supermacht der Welt entwickeln. Die Vereinigten Staaten haben längst reagiert: Die Nationale Sicherheitsstrategie der Administration unter Präsident Donald Trump aus dem Jahr 2017 definierte den „Wettstreit mit China“ als die „größte Bedrohung“ für Amerikas Sicherheit. An dieser Einschätzung hat sich auch unter Präsident Joe Biden nichts geändert. Peking steht im Mittelpunkt seiner wiederholten Behauptung, die Demokratien der Welt befänden sich in einer „existenziellen Konfrontation“ mit Autokratien. Vor diesem Hintergrund bereiten sich die USA auf einen militärischen Konflikt mit China vor.

Zahlreiche Quellen legen den Schluss nahe, dass die amerikanisch-chinesischen Beziehungen hoch emotionalisiert sind. Laut Augenzeugenberichten führten Präsident Trumps Wutausbrüche unter anderem dazu, dass die chinesische Führung im Oktober 2020 von einem baldigen Angriff durch die USA ausging. Der Vorsitzende des US-Generalstabs, Mark Milley, erkannte die Gefahr und rief direkt beim chinesischen Verteidigungsministerium an, um zu beschwichtigen.

Es wäre wichtig, Wege zu finden, die Wirkung dieser Rivalitätsmindsets abzuschwächen und die Eskalationsspirale zu durchbrechen. Dafür bräuchte es u.a. mehr Kommunikationsmechanismen zwischen China und den USA. Es gibt heute z.B. keinen direkten roten Draht, wie ihn die Sowjetunion und die USA im Kalten Krieg einrichteten. Es besteht auch kein formales Abkommen darüber, wie Zwischenfälle im Südchinesischen Meer geregelt werden. Hilfreich wären außerdem Rüstungskontrollgespräche über Nuklear- und Cyberwaffen.

In der Fallstudie über den Konflikt zwischen Frankreich und Preußen gab es keinerlei äußere Vermittler. Sie hätten möglicherweise die Gemüter der Konfliktparteien beruhigen und die Beziehungen versachlichen können. In der aktuellen Konfrontation zwischen China und den USA könnte Europa so eine Vermittlerrolle einnehmen. Deutschland und andere europäische Regierungen könnten dabei helfen, einen kritischen und konstruktiven Dialog zwischen China und den USA zu fördern. Dabei müsste es unter anderem darum gehen, gegenseitige Transparenz und gegenseitiges Verständnis zu fördern. Denn eine von Rivalitätsmindsets befeuerte weitere Eskalationsspirale zwischen China und den USA hätte verheerende Auswirkungen auf die beiden Länder selbst, auf Europa und auf den Rest der Welt.

Dank
Das Alfried Krupp Wissenschaftskolleg bot mir ideale und wunderbare Bedingungen, um in meine Forschung einzutauchen, neue spannende Impulse aus anderen Disziplinen zu erhalten und neue bereichernde Freundschaften zu schließen. Das lag vor allem an dem wertvollen Austausch mit meinen Co-Fellows und anderen Kolleg:innen am Kolleg und an der Universität. Das Leben in Greifswald und besonders die von Celia Baron und Christin Nestler organisierten Veranstaltungen haben mir große Freude bereitet. An dieser Stelle möchte ich ihnen und Prof. Dr. Ulla Bonas, Dr. Christian Suhm sowie allen anderen Mitarbeitenden des Kollegs ganz herzlich für ihre Unterstützung und die schöne Zeit danken.

Geplante Veröffentlichungen

  • „When Rivals Fight: The Psychological Underpinnings of Great Power Conflict“, Buchmanuskript in Vorbereitung.
  • „The Cognitive-Affective Sources of Great Power Rivalries”, Zeitschriftenartikel in Vorbereitung.
  • „An Emotional Turn in International Relations? A Review Essay“, Zeitschriftenartikel in Vorbereitung.