2 Minuten mit Professor Dr. Daniel Fulda

Welchen Beitrag leisteten Bildmedien zur programmatischen Formierung und publikumswirksamen Verbreitung von Aufklärung? Den Ausgangspunkt dieser Leitfrage bildet die Beobachtung, dass das herrschende Verständnis der Aufklärung als einer von Schrift und Texten getragenen Argumentationskultur verzerrend einseitig ist. Wie die Ideen und Praktiken der Aufklärung sich durchsetzen konnten in der weithin von bildgetragener Kommunikation geprägten Gesellschaft der ‚späten Frühen Neuzeit‘ und anschließenden Revolutionszeit, lässt sich, so meine These, nur verstehen, wenn man den Einsatz von Bildmedien berücksichtigt.
Meine Quellen sind manifeste Bilder aller Art: Frontispize und andere Buchillustrationen, Tabellen und Karten, Karikaturen und polemische Blätter, Miniaturen, Tafelbilder, Raumausstattungen, Bühnenbilder usw. Bilder verstehe ich als darstellende Medien, die sich nicht allein durch Sichtbarkeit, sondern auch durch ‚Lesbarkeit‘ auszeichnen. Neben der Repräsentation von Sichtweisen haben sie die Fähigkeit, Bedeutungen zu vermitteln. Die Fragestellung ist eine aus Erkenntnisinteressen der Aufklärungsforschung entwickelte, hat aber notwendig eine bildtheoretische, medienreflexive und medienkomparative Seite: Welchen Beitrag leisteten Bildmedien, sei es intendiert, sei es effektiv, zur Modellierung und Propagierung von Aufklärung und aufgrund welcher Eigenschaften konnten sie dies?
Letztlich geht es darum, wie sich der etablierte ideen- und textbezogene Aufklärungsbegriff durch die Einbeziehung bildlicher Aufklärungsprogrammatik sowie aufklärerischer Bildpraktiken verändert. Den eigenen Standpunkthorizont umreißen dabei die Bildschirmmedien, die unsere Zeit prägen. Von einer der Medienvielfalt des 18. Jahrhunderts angemesseneren Analyse erwarte ich, dass sie es ermöglicht, Brücken zwischen der historischen Aufklärung und unserer Gegenwart zu schlagen, die tragfähiger sind als die übliche, häufig bloß schlagwortartige Berufung auf die Aufklärung.

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