2 Minuten mit Professor Dr. Dirk von Petersdorff

Unter „Moderne“ verstehe ich eine Makro-Epoche, die von der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart reicht. Moderne Literatur ist jene Literatur, die aus den Bedingungen der modernen Gesellschaft hervorgeht und auf sie reagiert. Dieser inklusive, wenig normative und an andere Disziplinen anschließbare Moderne-Begriff soll für die Literaturwissenschaft produktiv gemacht werden. Denn er ermöglicht einerseits Einsichten in konstante Herausforderungen moderner Literatur und andererseits in die Vielzahl der Antwortmöglichkeiten auf diese Herausforderungen. So soll gezeigt werden, wie die Literatur (1.) auf ihre Abkoppelung von anderen Bereichen (‚Autonomie‘) mit einer intensiven Diskussion ästhetischer Programm reagiert. Den Verlust gesellschaftlicher Einheit beobachtet die Literatur (2.) sehr scharf und kann ihm Visionen einer zukünftigen Ganzheit entgegensetzen. Ebenso registriert sie (3.) die Vervielfältigung des Ideenguts in modernen Gesellschaften und stellt die Konkurrenz von Weltdeutungen dar. Auch eine autonom gewordene  Literatur kann sich (4.) in ein verpflichtendes Verhältnis zu Normen aus anderen gesellschaftlichen Bereichen wie der Religion und der Politik setzen. Die Individuen, die in der modernen Literatur auftreten, können und müssen (5.) auf ihrem Lebensweg zwischen unterschiedlichen Optionen wählen und einen Lebenssinn setzen, der nicht mehr aus Selbstverständlichkeiten hervorgeht. In einer systematisch angelegten Studie sollen diese und andere Bedingungen und Antwortmöglichkeiten moderner Literatur an Beispielen vom ‚Sturm und Drang‘ bis in die Gegenwart dargestellt werden.

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