In den letzten Jahrzehnten erfuhr die ‘Poetik der Visualität’ vermehrt Aufmerksamkeit in den Geistes- und Kulturwissenschaften; doch wurde dieses Forschungsfeld kaum unter einer interkulturellen Perspektive behandelt. Ein aussagekräftiges Beispiel dafür ist Wolframs von Eschenbach kurz nach 1200 verfasster Roman ›Parzival‹, der darauf hindeutet, dass sein Autor mit arabischem Wissen der Zeit vertraut war, wie es durch die Übersetzerschule von Toledo vermittelt wurde. Die Metaphernsprache der Dichtung evoziert Licht-Dunkel-Kontraste, Farbenspiele und Schimmerphänomene. Bislang wurde diese Bildlichkeit nicht im Bezug zur zeitgenössischen arabischen Optik betrachtet. Einflussreiche Denker wie Alhacen (Ibn al-Haytham) oder der andalusische Dichter Ibn Hazm erörterten optische Erscheinungen wie Lichtstrahlung, Dunkelheit und Farbeffekte. Da die Poetik von Wolframs ›Parzival‹ solche Erscheinungen regelrecht ‘reflektiert’, werden in dem Forschungsvorhaben einschlägige Textstellen (unter Berücksichtigung der Überlieferungsvarianz) analysiert und mit Aussagen arabischer Wissenschaft konfrontiert.