Vor dem Hintergrund der SARS-CoV-2 Pandemie, in der das Narrativ postmoderner Gesellschaften von Machbarkeit und Selbstbestimmung erschüttert worden ist, knüpft das Fellow-Projekt an einen interdisziplinären Resilienzdiskurs an, in dem Resilienz als ein dynamischer Prozess in Krisensituationen verstanden wird und Ambivalenzerfahrungen im Umgang mit der Krise einschließt. Solche gesellschaftlichen Krisensituationen, die von Ambivalenzerfahrungen des Einzelnen sowie der Gesellschaft bestimmt sind, sind historisch betrachtet keine neuen Erfahrungen, sondern typische Krisenphänomene, wie sie bereits in antiken Texten reflektiert werden. Insbesondere die Gebetstexte in der Hebräischen Bibel, die Psalmen, bieten hier ein reichhaltiges Reservoir.
n verdichteter Weise findet sich eine Vielschichtigkeit solcher antiker Krisenreflexionen in den Psalmen 35-41, die im Mittelpunkt meines Forschungsprojektes stehen. Diese Psalmen sollen in einer Monographie historisch, anthropologisch und theologisch untersucht und mit dem Resilienzdiskurs interdisziplinär verbunden werden. Ziel ist es, die Ps 35-41 als literarisch reflektiertes und paradigmatisches Beispiel für Existenzdeutungen in der Krise zu profilieren, weil hier die Ambivalenzen von Krisenerfahrungen zwischen Angst, Ohnmacht, Mut- und Hoffnungslosigkeit so zur Sprache gebracht werden, dass die in den Texten inszenierte Krisenbewältigung im Spannungsfeld zwischen Aushalten und Gestalten beschrieben werden kann. Vor diesem Hintergrund können dann die historisch analysierten Semantiken der Psalmen sowie ihre entfalteten Existenzdeutungen im interdisziplinären Gespräch auf ihre Gegenwartsrelevanz für den Umgang mit der SARS-CoV-2 Pandemie hin befragt werden.
2 Minuten mit Professorin Dr. Judith Gärtner
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