Die vergangenen Jahre haben deutlich gemacht, dass es keinen Automatismus in der positiven Dynamik der deutsch-polnischen Beziehungen gibt. Jeder Generationswechsel bedeutet nicht zwangsläufig, dass die in der Zeit nach 1989 erreichte hohe Qualität der Kultur des bilateralen Dialogs fortgeführt wird.
Für viele junge Menschen in Deutschland und Polen, ohne Erinnerung an die Teilung des Kontinents, ist ein Europa ohne Grenzen und mit einem gemeinsamen Markt eine Selbstverständlichkeit, der Wert dieser Errungenschaft nicht mehr präsent. Durch die Integration gestärkte Gemeinden und Regionen denken mehr an ihre Partikularinteressen denn an die europäische Solidarität. Populistische Rhetorik, die europafeindliche Gedanken, nationalistischen Egoismus und Vorurteile gegenüber dem Nachbarn mobilisiert, kann daher trotz der Erfolge der europäischen Integration attraktiv sein. Die deutsch-polnischen Beziehungen waren nach 1989 einer der Motoren der europäischen Integration. Sind sie es immer noch, im welchen Zustand befindet sich die Partnerschaft heute?
Basil Kerski ist Direktor des Europäischen Solidarność-Zentrums in Danzig. Seit 1998 leitet er zudem als Chefredakteur das deutsch-polnische Magazin DIALOG in Berlin. Er ist Autor und Herausgeber von rund 30 Büchern, die in deutscher, englischer, polnischer und ukrainischer Sprache erschienen sind, und studierte an der Freien Universität Berlin Internationale Politik und Slawistik. Für sein politisches, kulturelles und wissenschaftliches Engagement wurde er mit zahlreichen Preisen und Orden ausgezeichnet, zuletzt 2016 mit dem Bundesverdienstorden und 2015 mit dem Orden des Löwen von Finnland. Basil Kerski lebt in Berlin und Danzig.
Moderation: Professor Dr. Bernhard Brehmer
Die Deutsch-Polnische Rede des Alfried Krupp Wissenschaftskollegs Greifswald findet im Rahmen der internationalen Sommerakademie „VII. Greifswalder Polonicum“ statt und wird gefördert von der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, Essen.