Wenige Gefühle scheinen so basal wie die Ängste, die Krieger in Kampfeshandlungen durchleben. Selbst eingefleischte Kulturrelativisten geraten bei der soldatischen Angst ins Wanken – handelt es sich bei ihr vielleicht um die Ausnahme einer anthropologischen Konstante? Doch die zugrunde liegende Auffassung von Gefühlen als entweder kulturuniversell oder sozial konstruiert ist unproduktiv, wie ich zeigen möchte. Welche Alternativen stellt die historische Emotionsforschung bereit? Anhand meines Falls, den russischen Soldaten im 1. Weltkrieg, und unter Einbeziehung anderer historischer Beispiele skizziert mein Vortrag, wie sich eine Geschichte der soldatischen Angst schreiben lässt.
Jan Plamper ist Professor für Geschichte am Londoner Goldsmiths College. Seine Forschungsschwerpunkte sind u. a. Emotions- und Sinnesgeschichte, Migrationsgeschichte und Stalinismus. Er absolvierte mehrere Fellowships z. B. am Historischen Kolleg München, am Imre Kertész Kolleg Jena und am Wissenschaftskolleg zu Berlin. Zu seinen Monographien zählen Das neue Wir. Warum Migration dazugehört: Eine andere Geschichte der Deutschen (S. Fischer, erscheint im Februar 2019), Geschichte und Gefühl. Grundlagen der Emotionsgeschichte (Siedler, 2012) und The Stalin Cult. A Study in the Alchemy of Power (Yale UP, 2012). Im akademischen Jahr 2018/19 ist Jan Plamper Senior-Fellow am Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald.