Prägend für mittelalterliche Zukunftsvorstellungen ist die religiöse Idee der Endzeit, die in einer Serie von Katastrophen und Kriegen das kommende Weltgericht ankündigt. Als zentrales Medium für die Offenbarung dieser endzeitlichen Zukunft fungieren in der christlichen Überlieferung der Johannes-Apokalypse das Buch mit den sieben Siegeln, dessen Öffnung eine Folge von bedrohlichen Visionen auslöst, das Büchlein, das Johannes aus der Hand eines Engels empfängt und verschlingt, oder die Bücher, die beim Jüngsten Gericht hervorgeholt werden und das Urteil über Verdammung oder Erlösung bestimmen. Die Inszenierung dieser Bücher ist ein prominentes Thema mittelalterlicher Bildkunst. Dabei geht es immer auch um unterschiedliche Verhältnisbestimmungen zwischen historischer Gegenwart und endzeitlicher Zukunft.
David Ganz hat in Heidelberg, Marburg und Bologna Kunstgeschichte studiert und seine Promotion 2000 an der Universität Hamburg abgeschlossen. 2006 habilitierte er sich an der Universität Konstanz, seit 2013 ist er Lehrstuhlinhaber für Kunstgeschichte des Mittelalters an der Universität Zürich. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Ästhetik und Symbolik des Buches, der Geschichte endzeitlicher Visionsbilder und der Medialität künstlerisch gestalteter Hüllen und Gewänder.
Moderation: Professor Dr. Monika Unzeitig