Hunderttausende von Juden aus Osteuropa passierten infolge von Pogromen, politischer Unterdrückung, Krieg und Armut ab Anfang der 1880er Jahre die deutsche Grenze. Beinahe 100.000 von ihnen blieben bis 1933 in Deutschland sesshaft. Dem herkömmlichen Narrativ nach fassten deutsche Juden sowie Nicht-Juden solche „Ostjuden“ mittels pejorativer Stereotypen auf: Sie waren zu fromm, ungebildet, unterdrückten ihre Frauen und stellten eine Gefahr für die bürgerlichen Gesellschaft dar. Solche sozialen Zuschreibungen verdichteten sich im Urteil über deren „mißgebildete“ Sprache: Jiddisch. In dieser Zeit aber kamen auch die ersten deutschen Übersetzungen und Kritiken der modernen jiddischen Literatur auf. Führten sie zu neuen und vertieften Erkenntnissen der ostjüdischen Kultur und in der Folge auch zu deren Anerkennung? Diesen und anderen Fragen geht der Vortag nach.
Jeffrey A. Grossman ist 1961 in Mount Vernon, New York geboren. Er studierte Anglistik/Amerikanistik, Germanistik und Komparatistik und ist Associate Professor und Chair am Department of Germanic Languages and Literatures, University of Virginia. Im Wintersemester 2016/17 ist er Fellow des Alfried Krupp Wissenschaftskollegs und beschäftigt sich mit dem Projekt: „Rethinking Yiddish-German Relations: From Moses Mendelssohn to the Twentieth Century“
Moderation: Privatdozentin Dr. Klavdia Smola