In der Wissenschaftstheorie ist höchst umstritten, was Wissenschaft überhaupt ist und durch welche Charakteristika sie von anderen gesellschaftlichen Unternehmungen unterschieden werden kann. In klassischen wissenschaftstheoretischen Antworten auf diese Fragen wird typischerweise Bezug auf besondere wissenschaftliche Methoden genommen, etwa Prinzipien der Deduktion oder Induktion. Mit Thomas Kuhns historiographischer Wende in der Wissenschaftstheorie in den 1960er Jahren ist die Vorstellung von paradigmengeleiteten wissenschaftlichen Disziplinen und fest umrissenen Wissenschaftlergemeinschaften hinzugekommen. Gegenwärtig werden noch andere Maßstäbe für Wissenschaftlichkeit diskutiert, etwa der Gesichtspunkt der Systematizität.
Im Vortrag soll dargelegt werden, dass die Vielstimmigkeit der wissenschaftstheoretischen Bestimmungen von Wissenschaft keinen Grund abgibt, an dem besonderen epistemischen Anspruch von Wissenschaft zu zweifeln. Viel eher ist der in einer erfolgreichen und ausdifferenzierten Wissenschaft zu konstatierende Methodenpluralismus Anlass, der Freiheit von Wissenschaft einen hohen Stellenwert einzuräumen und sie gegen ungerechtfertigte Indienstnahmen von politischer, religiöser und ökonomischer Seite in Schutz zu nehmen.
Christian Suhm studierte Philosophie, Indologie, Psychologie, Klassische Philologie und Physik an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, wo er 2003 mit einer Arbeit über den Wissenschaftlichen Realismus promoviert wurde. Von 2003 bis 2009 war er Wissenschaftlicher Assistent am Philosophischen Seminar der Universität Münster. 2006 gründete er dort das Zentrum für Wissenschaftstheorie, dessen Geschäftsführer er von 2006 bis 2009 war. Im Wintersemester 2008/09 vertrat er eine Professur für Theoretische Philosophie an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Seit 2009 ist Christian Suhm Wissenschaftlicher Geschäftsführer des Alfried Krupp Wissenschaftskollegs Greifswald und seit 2017 Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des Centers for Advanced Internet Studies in Bochum.
Moderation: Pauline Glawe
„What is this thing called science?“ Ein Plädoyer für die Freiheit der Wissenschaft
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