Bei der Betrachtung von Bildern wird dem Faktor Zeit meist keine besondere Bedeutung beigemessen. Anders als bei einem Text scheint beim Bild alles auf den ersten Blick gegenwärtig zu sein. Tatsächlich aber sind auch Bilder auf komplexe Weise in verschiedene Zeitebenen verstrickt. Vor allem durch ihre Struktur und Gestaltung können sie den zeitlichen Prozess der Bildwahrnehmung erheblich beeinflussen. Die Zeitlichkeit, die jedem ‚Akt des Betrachtens‘ eigen ist, dürfte wesentlichen Anteil daran haben, dass Bilder uns in Wahrnehmungsprozesse verstricken. Eine Untersuchung der Zeiterfahrung vor Bildern könnte daher zu einem besseren Verständnis der ‚Macht‘ des Bildes beitragen, die sich keineswegs allein auf Illusionseffekte beschränkt.
Professor Dr. Johannes Grave ist Professor für Historische Bildwissenschaft und Kunstgeschichte an der Universität Bielefeld, zuvor war er als stellvertretender Direktor am Deutschen Forum für Kunstgeschichte in Paris tätig. Für seine Habilitationsschrift zu „Bauten in Bildern des Quattrocento“ wurde er mit dem Hans-Janssen-Preis der Göttinger Akademie der Wissenschaften ausgezeichnet. Im Zentrum seiner Forschung stehen die Kunst und Kunsttheorie um 1800, die Malerei der Frührenaissance sowie bildtheoretische Fragen und historische Bildkonzepte. Derzeit arbeitet er an einer Studie zur rezeptionsästhetischen Temporalität des Bildes. Johannes Grave ist im Wintersemester 2014/15 Fellow am Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald.
Moderation: Professor Dr. Kilian Heck
Der Akt des Betrachtens. Über Zeiterfahrungen vor Bildern
Öffentlicher Abendvortrag
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