Der plötzliche Verlust wesentlicher Gehirnfunktionen wurde schon 400 Jahre vor unserer Zeitrechnung als „apoplexie“ (Schlaganfall) bezeichnet. Etwa 2000 Jahre später erkannte man, dass ganz unterschiedliche Prozesse, z.B. Arterienverschlüsse wie Arterienzerreißung, zu einem „Schlaganfall“ führen. Über Jahrhunderte wurde den Schlaganfallpatienten der Aderlass empfohlen, den die moderne Medizin am Ende des letzten Jahrhunderts noch in Form der Hämodilution praktizierte. Diese Standardtherapie wurde vor allem im deutschsprachigen Kliniken nach einer erfolgreichen medizinischen Studie ab 1995 von der „systemischen Thrombolyse“ abgelöst. Die Anwendung von Thrombolytika galt zunächst innerhalb von 3 Stunden als Standardtherapie. Eine weitere Studie wies aber die Wirksamkeit auch nach 3 Stunden nach. Dabei wird übersehen, dass nur eine kleine Minderheit der Schlaganfallpatienten von dieser Behandlungsform profitieren kann. Die Ansätze, diese Behandlungsform spezifischer und damit effektiver einzusetzen, sowie die Entwicklung anderer Therapien werden von neuen Mythen zur adäquaten Diagnostik nach Schlaganfall – wie z.B. dem Mismatch-Konzept – beeinträchtigt.
Rüdiger von Kummer studierte Medizin in Göttingen und Heidelberg, wo er 1971 das Staatsexamen ablegte und promoviert wurde. An der Universität Heidelberg erfolgte dann die Weiterbildung in Psychiatrie, Neurologie und Radiologie. Parallel dazu arbeitete er im Labor für experimentelle Hirnkreislaufforschung der Neurologie, dessen Leitung Rüdiger von Kummer 1985 übernahm. 1985 habilitierte er sich im Fach Neurologie und arbeitete ab 1987 ausschließlich in der Abteilung Neuroradiologie der Universität Heidelberg. 1991 wurde Rüdiger von Kummer zum apl. Professor der Universität Heidelberg ernannt. Seit 1996 ist er Professor an der TU Dresden und Leiter der Abteilung Neuroradiologie. Weiterhin ist er ab 2009 Direktor des Dresdner Universitäts SchlaganfallCentrums.
Moderation: Professor Dr. Christof Kessler