Larry Wolff stellt in seinem einflussreichen Buch „Inventing Eastern Europe“ die These auf, dass es ein Nebeneffekt der Französischen Revolution gewesen sei, den Osten – der zuvor immer Jerusalem gewesen ist – auf die Länder Mittel- und Osteuropas umzulenken – die zuvor immer als der Norden galten. Damit einher ging ein ideologisches Konzept, sich diesen neuen „Osten“ als unaufgeklärt, passiv und „weiblich“ zu imaginieren und Verdrängtes und Tabuisiertes auf die Bevölkerung Osteuropas zu projizieren. So entstand ein Hybrid aus den romantischen Topoi des „edlen Wilden“ mit einem variationsreichen Inventar zahlreicher Orientalismen. Die Vorlesungsreihe soll reflektieren, wie einerseits die Aufklärung Bilder und Ideologeme schuf, die bis heute unser Bewusstsein von Andersheit und Exotik des „Ostens“ prägen, und andererseits Phänomene wie Selbstorientalisierung und emanzipatorische Diskurse vom westlichen Konzept des „Ostens“ in Mittel- und Osteuropa selbst in den Blick nehmen.
Stefan Henkel M. A. ist seit 2013 Koordinator des Mittel- und Osteuropaschwerpunktes am Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald und ist u.a. für die Konzeption und Organisation der slawistischen Sommerschulen Ukrainicum und Polonicum im Kolleg verantwortlich.
Professor Dr. Alexander Wöll ist seit 2008 Inhaber des Lehrstuhls für Ost- und Westslawische Philologie an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald. Er ist Vorsitzender des polenmARkT e.V. und der Deutschen Assoziation der Ukrainisten (DAU) sowie Autor zahlreicher Bücher.
Moderation: Dr. Christian Suhm