Gestöber von Gedankengeschossen: Adriana Hölszky und Ingeborg Bachmann

Öffentlicher Abendvortrag

Zwei Pole der Zeit lässt die rumänischstämmige Komponistin in vielen Werken aufeinanderprallen: eine ‚pulsanhaftende Zeit’, in der Pulse durch den Raum gejagt werden, und eine ‚pulsfreie, stillstehende Zeit’. In besonderer Weise macht sich hierin die Nähe zu Ingeborg Bachmann bemerkbar, deren Texte Hölszky vielfach musikalisch beschäftigt haben: Bachmanns Erfahrung der Zeit einerseits als bedrohlich vergehende, ‚gestundete’ und ablaufende, andererseits als stillstehende, als ‚geheime langsame Feier’. In der Oper Der gute Gott von Manhattan (UA Schwetzingen 2004) entwickelt Hölszky eine völlig eigene Strategie gegenüber Bachmanns berühmter Hörspielvorlage (1959). Sie vertont nicht das um Zweidrittel gekürzte Libretto, sondern nimmt den Text zum Anlass, ihn mit komplementären Energien aufzuladen. Das Ineinandergreifen von inkompatiblen Welten führt zu einer Explosion der Bachmannschen Utopie: „Der Himmel ist unten, die Hölle ist oben“.  

Hartmut Möller, 1953 in Stralsund geboren, ist Professor für Musikwissenschaft an der Hochschule für Musik und Theater Rostock, daneben Mitglied im DFG-Graduiertenkolleg „Kulturkontakt und Wissenschaftsdiskurs“ und in der „Profillinie Wissenskulturen“. Zweimal hat er von Australien aus die Welt topdown betrachtet, hat als Rektor den Studiengang „Pop World Music“ eingeführt und 2011 das Orchester Kinshasa Symphony besucht. Seine Forschungsschwerpunkte sind Musik des Mittelalters, Teilmusikkulturen nach 1945, Ästhetik und Theorie der Musikgeschichtsschreibung. Auf dem (Elektro-)Cello spielt er Musik von Bach bis Metallica genauso wie Begleitungen zu arabischen Vierteltongesängen.

Moderation: Professor Dr. Matthias Schneider


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