In kultur- und geisteswissenschaftlichen Disziplinen besteht großer Konsens über das Ende der „großen Erzählungen“ als allumfassenden Deutungsmustern der Geschichte. Er beruht auf drei Hauptkritikpunkten an globalen Synthesen: Erstens der Überbetonung anonymer Strukturen, zweitens dem Ausblenden von Akteuren und schließlich drittens der irreführenden Grundannahme, Geschichte habe eine einheitliche Richtung. Aus diesen Kritikpunkten wurde die Diagnose abgeleitet, die Heterogenität unterschiedlicher, häufig gegensätzlicher und zufälliger Entwicklungen verunmögliche ein übergreifendes Deutungsmuster „der“ Geschichte. Stattdessen solle man lieber von unterschiedlichen Geschichten oder von vielfältigen Modernen im Plural sprechen und einen umfassenden Erklärungsanspruch aufgeben. In dem Vortrag gehen die Argumente in eine andere Richtung. Um unsere Gegenwart vor dem Hintergrund heterogener Entwicklungen und historischer Kontingenzen besser verstehen zu können, sind globale Synthesen notwendig. Sie sollten jedoch auf ein neues Fundament gestellt werden. Mit dem Konzept der „globalen Mikrogeschichte“ entfaltet die Referentin einen Vorschlag, wie den Kritikpunkten begegnet und eine akteurszentrierte Globalgeschichte unter translokaler Perspektive dennoch geschrieben werden kann.
Angelika Epple ist Professorin für die Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts und Prorektorin für Internationales und Diversität der Universität Bielefeld. Seit 2013 ist sie die stellvertretende Sprecherin des interdisziplinären BMBF-Projektes „Die Amerikas als Verflechtungsraum“. 2001 wurde sie in Bielefeld promoviert und war im Anschluss als Wissenschaftliche Assistentin an der Universität Hamburg tätig, wo sie sich 2008 mit der Studie „Das Unternehmen Stollwerck. Eine Mikrogeschichte der Globalisierung“ habilitierte. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der Theorie der Geschichte, der Historiographiegeschichte, der Globalisierungsgeschichte, der Geschlechtergeschichte und der Mikrogeschichte.
Moderation: Professor Dr. Gabriele Lingelbach
Globale Mikrogeschichten als Antworten auf idealistische und skeptizistische globale Synthesen
Öffentlicher Abendvortrag
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