Die Erinnerung an Ernst Lohmeyer ist in Greifswald auf vielfältige Weise lebendig geblieben. Sie haftet sichtbar am Gebäude der Theologischen Fakultät und am Innenhof des neuen Campus Loefflerstraße. Sie verschafft sich Gehör in einer Reihe von jüngeren Publikationen und wiederholten Presseartikeln. Vor 1990 war das freilich anders. Dem gewaltsamen Ende Ernst Lohmeyers durch den sowjetischen Geheimdienst NKWD am 19. September 1946 in Greifswald folgte eine Zeit des Schweigens und der Tabuisierung. Dabei galt gerade er als erster Rektor der Nachkriegszeit als eine der wenigen integren Persönlichkeiten, die für den Neuaufbau der Universität infrage kamen. Nach Greifswald war er nicht freiwillig gekommen. 1935 hatte man ihn von Breslau hierher strafversetzt, weil er sich für einen bedrängten jüdischen Kollegen, den Juristen Ernst Joseph Cohn, eingesetzt hatte. Doch auch unter den neuen politischen Verhältnissen nach 1945 geriet er zwischen die Fronten und wurde - wie so viele andere auch - aufgrund falscher Anschuldigungen beseitigt. Am 15. August 1996 erfolgte seine vollständige Rehabilitierung durch den Generalstaatsanwalt der Russischen Föderation. Seither wurde auch sein persönliches Geschick zum Gegenstand intensiver Nachforschungen und ist heute weitgehend geklärt.
Im wissenschaftlichen Diskurs blieb Ernst Lohmeyer stets präsent. Seine Bücher wurden auch nach seinem Tod bis in die 1960er Jahre hinein immer wieder nachgedruckt und weit darüber hinaus rezipiert. Seine Arbeiten stehen für eine sehr eigenständige, unangepasste und keiner Schulrichtung zuzuordnende Stimme in den Debatten, von denen die Theologie der Nachkriegszeit umgetrieben war. Dieses Werk aufzuarbeiten und zugänglich zu halten, ist deshalb eine bleibende Verpflichtung.
Aus diesem Grunde veranstaltet die Theologische Fakultät in Kooperation mit dem Alfried Krupp Wissenschaftskolleg ein Symposium, das dem theologischen Erbe Lohmeyers gewidmet ist. Alle Vorträge sind öffentlich. Zu ihnen wird herzlich eingeladen!
Mit Vorträgen von Thomas K. Kuhn (Greifswald), James R. Edwards (Spokane), Andreas Köhn (Como), Heinrich Assel (Greifswald), Christfried Böttrich (Greifswald); John W. Rogerson (Sheffield).
Programm:
Montag, 24. Oktober 2016
14.00 Uhr – 14.15 Uhr Grußworte der Rektorin der Ernst-Moritz-Arndt Universität, des Dekans der Theologischen Fakultät und der wissenschaftlichen Leitung des Alfried Krupp Wissenschaftskollegs
14.15 Uhr – 15.00 Uhr
Verschwiegenes Ende und späte Rehabilitierung. Zur Aktenlage um den Prozess gegen Ernst Lohmeyer
Thomas K. Kuhn (Greifswald)
15.00 Uhr – 15.45 Uhr
Das Martyrium: gesetztes Ziel in Lohmeyers Theologie, erreichtes Ziel in seiner Biographie
James R. Edwards (Spokane)
15.45 Uhr – 16.30 Uhr
Christliches Engagement zwischen Kanzel und Katheder. Zur „eschatologischen Existenz” Ernst Lohmeyers
Andreas Köhn (Como)
16.30 Uhr – 17.00 Uhr Kaffeepause
17.00 Uhr – 17.45 Uhr
Lohmeyers „Vaterunser”. Jüdisch-religionsphilosophische Wurzeln einer klassischen Vaterunser-Auslegung
Heinrich Assel (Greifswald)
17.45 Uhr – 18.30 Uhr
Ernst Lohmeyer und die soziale Frage
Christfried Böttrich (Greifswald)
18.30 Uhr – 20.00 Uhr Abendempfang für Tagungsteilnehmer
20.00 Uhr Öffentlicher Abendvortrag
„Alle wissenschaftliche Theologie ohne gläubige Theologie ist leer, alle gläubige Theologie ohne wissenschaftliche Theologie ist blind”. Zur Aktualität Ernst Lohmeyers
John W. Rogerson (Sheffield)
Moderation: Christfried Böttrich (Greifswald)