Religionsgeschichtlich standen sich das rabbinische Judentum und die frühe Kirche näher, als beiden wohl lieb war. Wie Jakob und Esau stritten sie um Erwählung und heilsgeschichtlichen Primat, aber wie Jakob und Esau stammten sie, als ungleiche Zwillinge, von ein und derselben Mutter ab, dem Judentum um die Zeitenwende. Zwischen den beiden entstehenden Orthodoxien entwickelte sich darum ein komplexes Wechselspiel aus Faszination und Abstoßung. Der amerikanische Judaist Daniel Boyarin erkennt hier einen „Kessel zerstrittener, dissonanter, manchmal freundlicher, öfter feindseliger, üppiger religiöser Produktivität“, für den er in einem seither vieldiskutierten Buch den Begriff „Judäo-Christentum“ einführte.
In enger Orientierung an einschlägigen Quellentexten wird sich die Sommerakademie mit verschiedenen Aspekten des „Judäo-Christentums“ beschäftigen. Sie ist insbesondere für jene gedacht, die sich vom Nachdenken über die gemeinsame Wurzel von rabbinischem Judentum und früher Kirche neue Impulse für die Auslegung neutestamentlicher oder rabbinischer Texte erhoffen.
Wissenschaftliche Leitung:
Dr. Andreas Bedenbender (Bochum/Greifswald)