Praktisch-normative Dispute kreisen häufig um Abwägungsfragen. Von wenigen Ausnahmen abgesehen (die oft Fragen des moralischen Status betreffen) geht es selten um „Alles oder Nichts“. Häufiger geht es um die vergleichende Bewertung mehr oder weniger angemessener Situationsdeutungen, den vertretbaren Umgang mit Normenkollisionen oder die angemessene „Abwägung“ konkurrierender Wertgesichtspunkte.
Wie aber kann legitimerweise „abgewogen“ werden? Häufig anzutreffen ist hier eine „Stratifizierungsstrategie“, die sich um eindeutige Grenzziehungen zwischen vorrangigen (Minimal-)Standards und nachrangigen Standards bemüht. In der Moralphilosophie und Rechtstheorie werden gleich mehrere solcher Grenzziehungen postuliert, etwa zwischen dem Verdienstlichen (Supererogatorischen) und dem Gebotenen, zwischen strikten und „lässlichen“ Pflichten, zwischen einfachem Recht und Verfassungsrecht oder zwischen änderbarem Verfassungsrecht und dem „Menschenwürdekern“ der Grundrechte. Für solche Grenzziehungen werden unterschiedliche Rechtfertigungen angeboten; sie werden jedoch mitunter auch grundsätzlich in Zweifel gezogen. In diesem Vortrag soll das Spektrum normativer Stratifikationsstrategien und der zugehörigen Rechtfertigungstypen skizziert, exemplarisch vertieft und für eine kritische Diskussion erschlossen werden.
Nach dem Studium der Philosophie, Geschichte und Politikwissenschaft in Hamburg und Berlin war Jens Peter Brune als Lehrbeauftragter an verschiedenen Universitäten, in der Ausbildung von Ethiklehrer/innen sowie als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität zu Köln und der Freien Universität Berlin tätig. Seit dem WS 2012/13 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Philosophie der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald. Seine Forschungsschwerpunkte sind deontologische Ethikansätze sowie Philosophie des Rechts und der Demokratie.
Nach einem Studium der Philosophie, Sozial- und Literaturwissenschaft in München und Berlin war Micha Werner an den Universitäten Tübingen, Freiburg i.Br. und Utrecht, sowie als Gastprofessor in Wien und Heidelberg tätig, bevor er zum WS 2012/13 den Greifswalder Lehrstuhl für Philosophie mit dem Schwerpunkt Praktische Philosophie übernahm. Seine Forschungsschwerpunkte sind neo-kantische Ansätze der Moralbegründung, Verantwortungstheorien sowie Teilbereiche und Methodenfragen »angewandter« Ethik.
Moderation: Dr. Christian Suhm
Konzepte normativer Minimalstandards. Eine Einführung
Öffentlicher Abendvortrag
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