Im Almanach Der Blaue Reiter von 1912 ist programmatisch zu lesen: „Der Kunststil aber, der unveräußerliche Besitz der alten Zeit, brach in der Mitte des 19. Jahrhunderts katastrophal zusammen. Es gibt seither keinen Stil mehr; er geht, wie von einer Epidemie erfaßt, auf der ganzen Welt ein.“ Gombrich wurde also in eine Zeit hineingeboren, deren Bewußtsein für die große Veränderung, die sich in der Kunst ereignete und Ausdruck verschaffte, außerordentlich geschärft war. Gombrichs letztes Buch The Preference for the Primitive skizziert noch einmal im Rückblick eine Deutung der Folgen, die sich aus dem Ideal des Erhabenen ergaben. Der schwierige Kampf um die Integration der Differenzen, die ursprünglich koloniale Ranglisten geprägt hatten, in die Kunstgeschichte bestimmte deren Schicksal bis ins ausgehende 20. Jahrhundert hinein. Und in der Gegenwart wird durch die aufsteigende Kunst aus Afrika, China und Asien die Frage wieder aktuell, ob wir eigentlich schon über die richtigen Begriffe verfügen.
Elisabeth von Samsonow (* 1956 in Raubling) ist Bildhauerin und Professorin für philosophische und historische Anthropologie der Kunst an der Universität Wien. Gegenstände ihrer Forschungen sind u.a. die Ursprünge der Moderne, das Gedächtnis des Raumes, „schwache“ Subjektivität sowie das Verhältnis von Psychoanalyse und Ästhetik.
Moderation: Professor Dr. Robert Kudielka