Psychologische Perspektiven auf historische Traumata: Leiden, Narrative und soziale Axiome

Öffentliche Veranstaltung mit Livestream

Die Fellow Lecture beschreibt ein Work-in-Progress, in dem Andreas Maercker sich mit dem Konzept des historischen Traumas auseinandersetzt. Dieser Begriff war von Sozialwissenschaftlerinnen aus der Bevölkerung der American Natives entwickelt worden, um über Generationen anhaltende Spätfolgen des Vertreibungs- und Vernichtungsprozesses der Indian Americans zu kennzeichnen. Bis heute verstärkend auf diese Spätfolgen wirken den Autorinnen zufolge die anhaltende Diskriminierung der Betroffenen und deren Erfahrung des „Verrats durch die Institutionen“. Sozialpsychologische und psychopathologische Spätmanifestationen sind Kommunikationsprobleme, Misstrauen, Isolation und Einsamkeit. Zu diesem Konzept möchte er die Bedingungen seiner Verallgemeinerbarkeit untersuchen. Andere Bespiele dieser Untersuchung sind die Holocaust-Folgen, Black and People of Color-Konstellationen, Folgen des Rote Khmer-Genozids, des Völkermords in Ruanda und des stalinistischen Terrors in Osteuropa und der ehemaligen DDR. 
Bei der konzeptionsgeschichtlichen Untersuchung greift er auf – zum Teil frühere eigene – Untersuchungen zurück, in welchen die subjektive Sicht und die narrative Praxis von Traumatisierten im Mittelpunkt stehen. Dazu kommt ein Bezug auf kulturpsychologische Studien, in denen der Zusammenhang zwischen Weltbildern einschließlich sozialen Axiomen – ein Beispiel ist der Fatalismus – mit den transgenerationalen Traumafolgen untersucht wird. Bisher ist der Verlauf des Gesamtprojekts zum Thema noch offen und ein interdisziplinärer Diskurs dazu wird angestrebt.

Andreas Maercker absolvierte seine medizinische und psychologische Ausbildung in Halle/Saale und Berlin/Ostdeutschland. Er erhielt seinen medizinischen Doktortitel an der Humboldt-Universität und promovierte an der Freien Universität Berlin/Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin. Im Jahr 1994 war er Gastwissenschaftler an der University of California, San Francisco. Nach akademischen Positionen in Dresden und Trier wurde er 2005 als Lehrstuhlinhaber und ordentlicher Professor für Psychopathologie und klinische Intervention an die Universität Zürich berufen. Er ist Ko-Direktor des Psychotherapeutischen Zentrums des Psychologischen Instituts. Von 2011-2018 leitete er eine Arbeitsgruppe der WHO zur Überarbeitung der Internationalen Klassifikation der Krankheiten im Bereich der trauma- und stressbedingten Störungen. Seit 2017 leitet Andreas Maercker in der Deutschen Gesellschaft für Psychologie die Historische Kommission „Instrumentalisierung der Psychologie in der ehemaligen DDR“. Er hat mehr als 300 begutachtete Forschungsartikel veröffentlicht und war 2020 auf der Clarivate Liste der meistzitierten internationalen Forscher im Bereich Mental Health aufgeführt. Im Sommersemester 2022 ist er Senior Fellow des Alfried Krupp Wissenschaftskollegs Greifswald.

Moderation: Professorin Dr. Johanna Eleonore Weber

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Zugang zum virtuellen Hörsaal des Kollegs

Organisatorische Hinweise zur Digital Lecture
Das Alfried Krupp Wissenschaftskolleg bietet diese Veranstaltung auch live als Zoom-Meeting an, in dem sich Zuschauende über den Chat schriftlich beteiligen können.

  • Wir freuen uns, wenn Sie bei der Einwahl in Zoom Ihren Klarnamen angeben. Selbstverständlich können Sie an der Veranstaltung auch unter einem Pseudonym teilnehmen.
  • Eine Liste aller Teilnehmenden ist für alle Beteiligten während der gesamten Veranstaltung einsehbar.
  • Während des Vortrages sind die Mikrofone der Zuschauenden alle automatisch stumm geschaltet, um keine störenden Hintergrundgeräusche zu erzeugen. Die Kamera der Zuschauenden kann gern von Ihnen während des Vortrages angeschaltet werden.
  • Während der gesamten Veranstaltung können Wortmeldungen bzw. Fragen schriftlich im Chat gestellt werden.

Aufzeichnung der Digital Lecture
Die Digital Lecture wird aufgezeichnet, um sie für die Mediathek des Kollegs zu nutzen. In der Aufzeichnung wird nur der/die Vortragende, dessen/deren Präsentation sowie der Moderator/die Moderatorin zu hören bzw. zu sehen sein. Video-, Audio oder Chatbeiträge werden nicht aufgezeichnet. Ein „REC“-Zeichen am Bildrand informiert die Teilnehmenden.


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