Die Welt um uns herum und wir selbst bestehen aus Quantensystemen mit vielen gekoppelten Teilchen. Dennoch reicht es zumeist aus, die Werkzeuge der klassischen Physik zu verwenden oder in der Quantenphysik stark vereinfachende Näherungen zu machen, um alltägliche Phänomene wie das Verhalten des Lichts oder der chemischen Elemente zu verstehen. Doch was passiert, wenn wir die quantalen Vielteilchenaspekte ernst nehmen, wie etwa in ultrakalten Quantengasen, Hochtemperatursupraleitern oder frustrierten Magneten? Warum sind diese Fragen überhaupt interessant? In diesem Vortrag soll vorgestellt werden, wie mit experimentellen Mitteln einerseits (analoge Quantensimulatoren) und modernsten numerischen Verfahren andererseits die völlig neuartigen kollektiven Phänomene in solchen Systemen im (auch philosophischen) Spannungsfeld zwischen Emergenz und Reduktion verstanden werden können.
Nach einem Studium der Physik an der Ludwig-Maximilians-Universität München und am Balliol College, Oxford University, promovierte Ulrich Schollwöck 1995 als Mitarbeiter des Service de Physique Theorique Saclay des Commissariat a l‘Energie Atomique an der Universität Paris XI. Nach Stationen in München, Wuppertal und am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart wurde er 2003 Professor für theoretische Physik an der LMU München, 2004 Lehrstuhlinhaber an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen, um 2009 an die LMU München zurückzukehren (Lehrstuhl für Theoretische Nanophysik). In seiner Forschung setzt sich Schollwöck vor allem mit der Anwendung und Weiterentwicklung der Dichtematrix-Renormierungsgruppe auseinander, einem numerischen Verfahren zur Simulation niedrigdimensionaler stark korrelierter Quantensysteme.
Moderation: Professor Dr. Holger Fehske