Der Kapitalismus ist seit einigen Jahren zurück im öffentlichen Diskurs. Fast durchweg übernimmt er darin die Rolle des skrupellosen Übeltäters: Gier, Profitsucht, Maßlosigkeit werden dem Kapitalismus nachgesagt – Eigenschaften, die Krisen auslösen, soziale Ungleichheit hervorrufen, ja sogar unser Schicksal insgesamt bedrohen, so lauten die häufig zu vernehmenden Vorwürfe. Schon auf Karl Marx geht dabei die Vorstellung zurück, dass sich der Kapitalismus sogar sein eigenes Recht schaffe. Zwar dürfte es kaum überraschen, dass dem Recht für die Entwicklung des Kapitalismus eine zentrale Rolle zukam (und -kommt). Aber wie Recht kapitalistisches Wirtschaften konkret formte und wie umgekehrt „der“ Kapitalismus auf „das“ Recht wirkte, ist bis heute kaum systematisch untersucht worden. Die Lecture skizziert einen Überblick über die aktuelle Debatte aus der Perspektive der Rechtsgeschichte und präsentiert erste Ergebnisse des laufenden Fellowprojekts, das sich der Konfrontation juristischer Akteure mit den Dynamiken des Kapitalismus im
19. Jahrhundert widmet.
Louis Pahlow studierte Rechtswissenschaft, Mittlere und Neuere Geschichte in Gießen, Bayreuth und München. Nach der Habilitation an der Universität Bayreuth übernahm er 2007 eine ordentliche Professur für Geistiges Eigentum und Wettbewerbsrecht an der Universität Mannheim, 2009 dann für Deutsche und Europäische Rechtsgeschichte an der Universität des Saarlandes. Seit 2012 lehrt und forscht er zum Verhältnis von Wirtschaft und Recht in der Moderne an der Goethe-Universität Frankfurt a.M. Louis Pahlow ist Geschäftsführender Direktor des Instituts für Rechtsgeschichte der Goethe-Universität, Mitherausgeber der Zeitschrift für Neuere Rechtsgeschichte (ZNR) sowie des Themenportals „Europäische Geschichte“. Im akademischen Jahr 2019/20 ist er Senior Fellow am Alfried Krupp Wissenschaftskolleg in Greifswald.
Moderation: Professor Dr. Joachim Lege