Der Begriff der Revolution beinhaltet die Ersetzung eines vorherrschenden Zustands durch einen signifikant von diesem verschiedenen Zustand in vergleichsweise kurzer Zeit. Durch Thomas Kuhn ist die zuvor dominante kumulativ-gradualistische Sichtweise der Wissenschaftsentwicklung durch die Behauptung der Existenz wissenschaftlicher Revolutionen in revolutionärer Weise verändert worden. Kuhnsche Revolutionen sind durch den starken Wandel von Begriffen, Problemen und Kriterien für akzeptable Problemlösungen gekennzeichnet. Das methodologische Problem, das Kuhnsche Revolutionen aufwerfen, besteht in unterschiedlichen Leistungsprofilen konkurrierender Theorien, die eine eindeutige vergleichende Beurteilung vereiteln. Fraglich ist allerdings, wie stark die Wissenschaftsentwicklung tatsächlich durch Kuhnsche Revolutionen geprägt ist.
Professor Dr. Martin Carrier hat nach dem Studium der Physik und Philosophie an der Universität Münster seine Mittelbauzeit an der Universität Konstanz verbracht. Nach vier Jahren an der Universität Heidelberg ist er seit 1998 Professor für Philosophie an der Universität Bielefeld. Sein hauptsächliches Arbeitsgebiet ist die Wissenschaftsphilosophie mit Schwerpunkten bei den Themen Theorienwandel, Theoriebeladenheit, intertheoretische Beziehungen und der Methodologie angewandter Forschung. Er ist Mitglied mehrerer nationaler und internationaler Akademien sowie Träger des Leibniz-Preises der Deutschen Forschungsgemeinschaft (2008). Martin Carrier war im akademischen Jahr 2014/15 Fellow am Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald.
Moderation: Robert Görsch