Säkularisierung bezeichnet gemeinhin den Übergang von einer sakral zu einer säkular legitimierten Gesellschaft. Das Konzept besaß zwischen 1900 und 2000 eine schier unangreifbare Plausibilität für die Selbstdeutung europäischer Gesellschaften. Die Literaturwissenschaft eröffnet in der derzeitigen Krise des Begriffs eine neue Perspektive: Sie untersucht ‚Säkularisierung’ nicht als einen historischen Prozess, sondern als Narrativ, also als einen kulturell etablierten Deutungsrahmen, in den individuelle wie kollektive Erlebnisse gegossen und zu einer überzeugenden Erzählung angeordnet werden können.
Die Tagung sucht den Moment auf, zu dem das Säkularisierungsnarrativ noch nicht zu seiner kanonischen Form gefunden hat. Gefragt wird danach, wie die Literatur Dänemarks, Norwegens und Schwedens am Entwurf und der Durchsetzung des Säkularisierungsnarrativs um 1900 mitgearbeitet hat: Welche Stimmen lassen sich mit welchen Positionen unterscheiden und welche spezifisch literarischen Mittel der kulturellen Selbstinterpretation kommen zum Einsatz? Welche Logiken bemühen literarische Texte in der Phase der Etablierung des Narrativs, um es glaubwürdig zu machen oder um Alternativen denkbar zu machen?
Veranstaltungsformat:
Die Tagung findet in Präsenz statt, für eine Präsenzteilnahme ist eine Anmeldung notwendig. Bitte informieren Sie sich über die dann geltenen Corona-Schutzmaßnahmen auf unserer Webseite. Darüber hinaus wird ein Livestream zur Tagung über Zoom angeboten, eine Beteiligung an der Tagung, z.B. um Fragen zu stellen, ist nur über den Chat möglich.
Anmeldung
Information:
Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald · 17487 Greifswald
Tagungsbüro · Pia Schindelarz
Telefon +49 3834 420-5016 · Telefax +49 3834 420-5005
pia.schindelarzwiko-greifswaldde
PROGRAMM
Montag, 9. Mai 2022
9.15 Uhr – 9.30 Uhr Begrüßung
| Einführung
9.30 Uhr – 10.15 Uhr Narzisstische Kränkungen. NielsLyhnes Säkularisierungserzählungen zur Einführung
Joachim Schiedermair (München)
| Narrative Muster und Medien
10.15 Uhr – 11.00 Uhr Die Freidenker des Modernen Durchbruchs: Säkularität als Erzählkultur
Dirk Johannsen (Oslo)
11.00 Uhr – 11.30 Uhr Kaffeepause
11.30 Uhr – 12.15 Uhr Emancipation, jalousi og religiøs autoritet. Narrative mønstre fra 1800-tallets orientalske fortælling’ hos Edvard Brandes og Holger Drachmann
Marie Louise Svane (København)
12.15 Uhr – 13.00 Uhr Das Tagebuch als Medium des Säkula-risierungsnarrativs? Arne Garborgs Trætte Mænd
Joachim Grage (Freiburg)
13.00 Uhr – 14.30 Uhr Mittagspause
| Relais und Umsemantisierungen
14.30 Uhr – 15.15 Uhr Predikanten Selma Lagerlöf: inkarnation som ‚relä’ i Jerusalem
Anna Bohlin (Bergen / Uppsala)
15.15 Uhr – 16.00 Uhr „[E]n velsignet episode“. Zur Verweltlichung religiöser Rede in Ibsens Når vi døde vågner
Markus Kleinert (Erfurt / Göttingen)
| Figuren von De- und Resakralisierung
16.00 Uhr – 16.45 Uhr Kulturminnet avförtrollat? Sekularisering och resakralisering i Carl Snoilskys Svenska bilder
Krzysztof Bak (Stockholm / Kraków)
16.45 Uhr – 17.30 Uhr Pause mit Erfrischungen
18.00 Uhr – 19.30 Uhr
Öffentlicher Abendvortrag "Was kommt nach der Säkularisierungsthese? Religiöse und säkulare Quellen des Menschheitsethos"
Hans Joas (Berlin)
Moderation: Joachim Schiedermair
anschließend: gemeinsames Abendessen
Dienstag, 10. Mai 2022
9.30 Uhr – 10.15 Uhr Ibsen and Theodicy: Phantoms and Secularization
Thor Holt (Oslo)
10.15 Uhr – 11.00 Uhr Licht, Liebe, Hoffnung – Bjørnstjerne Bjørnsons Naturdarstellung als sakraler Säkularisierungsraum
Thomas Mohnike (Strasbourg)
11.00 Uhr – 11.30 Uhr Kaffeepause
| Patriarchat / Autorität / Geschlecht
11.30 Uhr – 12.15 Uhr „Håll dig till Herren Gud, om du kommer i bedröfvelse. Menskor kunna ej hjelpa.” Patriarchat und Religion in Daniel Stens Frost
Frederike Felcht (Frankfurt)
12.15 Uhr – 13.00 Uhr Bjørnson, Skram, kristendommen og patriarkatet
Unni Langås (Kristiansand)
13.00 Uhr – 14.00 Uhr Mittagspause
14.00 Uhr – 14.45 Uhr Scheinheiligkeiten. Zur Auseinandersetzung mit Kirche und Glauben in Lydia Vik. En själs historia von Hilma Angered Strandberg
Dörte Linke (Berlin)
| Säkularisierung und Judentum
14.45 Uhr – 15.30 Uhr Liv for Liv. Emanzipation und Säkularisierung in Olivia Levisons Prosa
Annegret Heitmann (München)
15.30 Uhr – 16.00 Uhr Kaffeepause
16.00 Uhr – 16.45 Uhr Wider die Erlösung. Lykke Per und andere negative Helden
Klaus Müller-Wille (Zürich)
16.45 Uhr – 17.30 Uhr Zwischen(t)räume. Jüdisch-christliche Säkularisierung in Henri Nathansens Drama Indenfor murene
Clemens Räthel (Greifswald)
17.30 Uhr – 18.00 Uhr Abschlussdiskussion
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Zugang zum virtuellen Hörsaal des Kollegs
Organisatorische Hinweise
Das Alfried Krupp Wissenschaftskolleg bietet diese Veranstaltung auch live als Zoom-Meeting an, in dem sich Zuschauende über den Chat schriftlich beteiligen können.
- Wir freuen uns, wenn Sie bei der Einwahl in Zoom Ihren Klarnamen angeben. Selbstverständlich können Sie an der Veranstaltung auch unter einem Pseudonym teilnehmen.
- Eine Liste aller Teilnehmenden ist für alle Beteiligten während der gesamten Veranstaltung einsehbar.
- Während des Vortrages sind die Mikrofone der Zuschauenden alle automatisch stumm geschaltet, um keine störenden Hintergrundgeräusche zu erzeugen. Die Kamera der Zuschauenden kann gern von Ihnen während des Vortrages angeschaltet werden.
- Während der gesamten Veranstaltung können Wortmeldungen bzw. Fragen schriftlich im Chat gestellt werden.
Aufzeichnung der Digital Lecture
Die Digital Lecture wird aufgezeichnet, um sie für die Mediathek des Kollegs zu nutzen. In der Aufzeichnung wird nur der/die Vortragende, dessen/deren Präsentation sowie der Moderator/die Moderatorin zu hören bzw. zu sehen sein. Chatbeiträge werden nicht aufgezeichnet. Ein „REC“-Zeichen am Bildrand informiert die Teilnehmenden.