Digitale Coronagebete flattern durchs Netz wie buddhistische Gebetsfahnen im Wind. Einen Segen kann man sich beim digitalen Segensroboter abholen. Informatiker, die mit Kirche nichts am Hut haben, staunen über die Göttlichkeit, die aus ihren digitalen Kreaturen springt. Offenbar tritt die religiöse Erfahrung nach Jahrhunderten der Säkularisierung und der Entkirchlichung mit der Digitalisierung in eine neue Phase ein. Das erfordert eine Neubestimmung von Religion. Die innere Medialität, die der Religion seit den alten Kulturen an Euphrat und Nil eigen war, tritt hervor. Damit ist, wie die Medientheorie beschrieb, auch ein genuin sonischer Charakter der digitalen Technologie verbunden. An aktuellen Beispielen zeigt Bayreuther auf, wie die Digitalisierung das gesamte religiöse Klanggeschehen von ihrem Kern her transformiert.
Rainer Bayreuther studierte Musikwissenschaft, Philosophie und evangelische Theologie in Heidelberg. Er lehrte u. a. am Zentrum Musik-Design-Performance Trossingen und als Gastprofessor am Institut für Kultur und Ästhetik digitaler Medien Lüneburg. Im akademischen Jahr 2008/09 legte er als Fellow am Alfried Krupp Wissenschaftskolleg eine Theorie der religiösen Musik vor. Dieses Thema, nun unter Einbezug der Digitalisierung, zieht sich bis in seine aktuellen Bücher (Der Sound Gottes, 2021; Der digitale Gott, 2022) und Projekte.
Moderation: Professor Dr. Matthias Schneider
anschließend um 20.00 Uhr Konzert im Dom St. Nikolai:
Jenseits der Avantgarde: Aufbrüche in der Orgelmusik
Orgelkonzert mit Prof. Dr. Matthias Schneider, Greifswald
Programm:
- Johann Sebastian Bach (1685–1750): Sinfonia aus der Ratswahl-Kantate BWV 29 für Orgel solo
- Jan Pieterszoon Sweelinck (1562–1621): Fantasia Cromatica
- Sofia Gubaidulina (* 1931): Hell und dunkel (1979)
- Arvo Pärt (* 1935): Pari intervallo (1980) »Wir leben oder sterben, so sind wir des Herrn«
- César Franck (1822–1890): Offertoire für ›Orgue-expressif‹ aus der Sammlung L‘Organiste
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Zugang zum virtuellen Hörsaal des Kollegs
Organisatorische Hinweise
Das Alfried Krupp Wissenschaftskolleg bietet den Vortrag auch live als Zoom-Meeting an, in dem sich Zuschauende über den Chat schriftlich beteiligen können.
- Wir freuen uns, wenn Sie bei der Einwahl in Zoom Ihren Klarnamen angeben. Selbstverständlich können Sie an der Veranstaltung auch unter einem Pseudonym teilnehmen.
- Eine Liste aller Teilnehmenden ist für alle Beteiligten während der gesamten Veranstaltung einsehbar.
- Während des Vortrages sind die Mikrofone der Zuschauenden alle automatisch stumm geschaltet, um keine störenden Hintergrundgeräusche zu erzeugen. Die Kamera der Zuschauenden kann gern von Ihnen während des Vortrages angeschaltet werden.
- Während der gesamten Veranstaltung können Wortmeldungen bzw. Fragen schriftlich im Chat gestellt werden.
Aufzeichnung
Diese Veranstaltung wird aufgezeichnet, um sie für die Mediathek des Kollegs zu nutzen. In der Aufzeichnung wird nur der/die Vortragende, die Präsentation sowie der Moderator/die Moderatorin zu hören bzw. zu sehen sein. Video-, Audio oder Chatbeiträge werden nicht aufgezeichnet. Ein „REC“-Zeichen am Bildrand informiert die Teilnehmenden.