Über den Schmerz. Das Problem von Authentizität und kultureller Konstruktion aus der Sicht der Kulturwissenschaft

Vortrags- und Konzertreihe,Öffentlicher Abendvortrag

Um den Schmerz gibt es einen aufschlussreichen Richtungskampf, an dem Mediziner, kognitive Psychologen, Literaturwissenschaftler und Soziologen beteiligt sind. Während die Tendenz unter den Kulturwissenschaftlern sich unter der Parole „Auch der Schmerz ist eine kulturelle Konstruktion“ zusammenfassen lässt, wird auf der Gegenseite behauptet: „Schmerz lässt sich nicht erzählen, er ist ein sprachresistentes Ereignis.“ Zwischen diesen Polen ist genug Platz für Differenzierungen. Klar scheint, dass jede Gesellschaft den Schmerz in ihr Weltbild integriert und ihm Sinn zugesprochen hat. Der Vortrag wird das Problem anhand von zwei Erzählungen vom Ende des 19. Jahrhunderts von Huysman und Valery durchspielen, das Phänomen des „Wundstupors“ in Ernst Jüngers Kriegstagebüchern und den Reflexionen des Chirurgen Sauerbruch erörtern und mit Schriften von Jean Amery das Problem der Artikulation des Schmerzes unter Folter aufwerfen.

Helmut Lethen, geboren 1939, ist seit Oktober 2007 Direktor des IFK Internationales Forschungszentrum Kulturwissenschaften (Wien). Von 1996 bis 2004 hatte er einen Lehrstuhl für Neueste Deutsche Literatur an der Universität Rostock inne, von 1977 bis 1996 war er Professor an der Universität Utrecht/Niederlande. Lethens thematische Schwerpunkte sind: Konzepte der Historischen Avantgarden 1910 - 1930; Verhaltenslehren des 20. Jahrhunderts und die Tradition der europäischen Moralistik; Literatur, Anthropologie und Biologie in den 1930er-Jahren; Kulturen der Evidenz.

Moderation: Professor Dr. Eckhard Schumacher


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