Die Fähigkeit, auf hohem Niveau zu musizieren, stellt an das menschliche Zentralnervensystem höchste Anforderungen. Spezialisierung und verbesserte Übetechniken haben in den letzten Jahrhunderten das spieltechnische Niveau angehoben. Um professionellen Ansprüchen zu genügen, muss heute ein Berufsmusiker überaus komplexe Bewegungsprogramme mit höchster zeitlich-räumlicher Präzision und hoher Geschwindigkeit abrufen können. Die Leistungskontrolle erfolgt durch das unerbittliche Gehör des Musikers und des Publikums. Musizieren führt zu zahlreichen plastischen Anpassungen des zentralen Nervensystems. Hirnvernetzung und Hirnstruktur unterscheiden sich bei Berufsmusikern und Laien. Unter ungünstigen Bedingungen kann zentralnervöse Plastizität aber auch zu einem Verlust der feinmotorischen Kontrolle führen, eine Erkrankung, die erst seit 1830 bekannt ist und die heute als fokale Dystonie bezeichnet wird. In dem Vortrag werden ausgesuchte Werke der Flötenliteratur aus drei Jahrhunderten demonstriert, und es wird erläutert, wie zunehmende Anforderungen die Neuroplastizität des Gehirns bedingen.
Eckhart Altenmüller (*1955 in Rottweil) ist Professor an der Hochschule für Musik und Theater Hannover und dort Direktor des Instituts für Musikphysiologie und Musiker-Medizin. Er ist Präsident der Deutschen Gesellschaft für Musikphysiologie und Musiker-Medizin. Schwerpunkte seiner Forschung liegen in den Gebieten der zentralnervösen Verarbeitung von Musik und der Sensomotorik des Musizierens. Darüber hinaus beschäftigt er sich mit der Prävention und der Behandlung von Musiker-Erkrankungen.
Moderation: Professor Dr. Matthias Schneider