Interpretieren (vor allem das Interpretieren von Texten, aber auch von Bildern) ist nicht nur integraler Bestandteil alltäglicher Kommunikation, sondern gehört auch zum Geschäft zahlreicher Wissenschaften (z. B. Literaturwissenschaften, Geschichtswissenschaft, Theologie, Kunstwissenschaften). Als Resultat des Interpretierens gelangen wir zu Überzeugungen über die Bedeutung der von uns interpretierten Gegenstände, und wir können diese Überzeugungen in Form von Interpretationshypothesen formulieren. Ausgehend von den Literaturwissenschaften hat sich ein Grundlagenstreit über den Status solcher Interpretationshypothesen entwickelt: Können Aussagen über die Bedeutung von Texten und anderen Gegenständen in einem objektiven Sinn wahr oder falsch sein? Gibt es so etwas wie eine objektive Bedeutung, die man durch eine gute Interpretation entdecken könnte? Oder entsteht die Bedeutung ohnehin erst im Kopf der Interpreten?
Maria-Elisabeth Reicher-Marek (*1966 in Lichendorf/Österreich) ist Professorin für Philosophie der kulturellen Welt an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen. Zu ihren Arbeitsgebieten zählen Ontologie, Ästhetik, Philosophie der Logik und Österreichische Philosophiegeschichte. Im Wintersemester 2008/09 war Professor Reicher-Marek Fellow am Alfried Krupp Wissenschaftskolleg und forschte zum Thema „Bedeutung und Interpretation: Zur Ontologie des literarischen Werks“.
Moderation: Professor Dr. Geo Siegwart