Befunde über neuronale Prozesse, die Willensentscheidungen begleiten, lassen nicht den Schluss zu, es gäbe keinen freien Willen. Neuronale Prozesse diktieren nicht unsere Willensentscheidungen, sondern sind, bis wenige hundert Millisekunden vor der Handlung, durch Erfahrungen modifizierbar. Der Grad der Entscheidungsfreiheit zeigt sich in der Fähigkeit, Entscheidungen in Abhängigkeit variierender Konsequenzen, die mit einer Entscheidung verbunden sind, zu ändern. Entscheidungen werden dann zu bewussten Entscheidungen, wenn sie sich prinzipiell von der sich entscheidenden Person unter objektiv nachweisbaren (mentalistischen) Bedingungen, die nur dieser Person zugänglich sind, vorhersagen lassen.
Reinhard Werth, Dr. med. habil. für Medizinische Psychologie und Dr. phil. habil. für Wissenschaftstheorie, ist Professor für Medizinische Psychologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Neuropsychologe am dortigen Institut für Soziale Pädiatrie und Jugendmedizin. Hauptforschungsbereiche sind die Diagnostik und Therapie von Sehstörungen und Aufmerksamkeitsstörungen bei hirngeschädigten Kindern und Jugendlichen, die Entwicklung von Verfahren zur Diagnostik und Therapie von Lesestörungen und die Erforschung neurobiologischer Grundlagen des Bewusstseins.
Moderation: Professor Dr. Thomas Platz