Die Vorstellung, Modernisierung im Sinne wirtschaftlichen Wachstums und wissenschaftlich-technischen Fortschritts führe mit innerer Notwendigkeit zur Schwächung von Religion, hat in den letzten beiden Jahrzehnten stark an Plausibilität verloren. Sie war zwar mehr als ein Jahrhundert lang in den Wissenschaften und der breiteren Öffentlichkeit dominant, gilt aber heute durch Forschungsergebnisse und realgeschichtliche Veränderungen wie die Modernisierung der außereuropäischen Welt als weitgehend widerlegt.
Das heißt aber nicht, dass es nicht, v. a. in Europa, sehr wohl massive Tendenzen der Säkularisierung gäbe. Diese Lage macht nicht nur eine alternative Erklärung dieser Säkularisierungsfälle nötig, sondern ändert auch unseren Blick auf die ganze Weltgeschichte der Religion, die nicht mehr im Zeichen der Vorbereitung europäischer Säkularisierung gelesen werden kann. Als fruchtbarer erweist sich die Frage nach Entstehung und Schicksal eines Ethos, das alle Sozialverbände wie Stämme und Staaten überschreitet und auf die ganze Menschheit ausgerichtet ist. Zu untersuchen ist dann, inwiefern für dieses Ethos bestimmte Religionen oder der Abschied von ihnen entscheidende Impulse gegeben haben.
Hans Joas studierte Soziologie, Geschichte, Philosophie und Germanistik in München und Berlin. Er war u. a. Professor für Soziologie an der Universität Erlangen-Nürnberg, Max-
Weber-Professor an der Universität Erfurt und Leiter des Max-Weber-Kollegs für kultur- und sozialwissenschaftliche Studien. Seit 2000 ist er Professor an der University of Chicago und Mitglied des Committee on Social Thought und seit 2014 Ernst Troeltsch-Honorarprofessor an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin. Zu seinen zahlreichen Auszeichnungen gehören z. B. der Max Planck-Forschungspreis 2015 und der Theologische Preis der Salzburger Hochschulwochen 2018. Zu seinen jüngsten Publikationen zählt Warum Kirche? Selbstoptimierung oder Glaubensgemeinschaft.
Moderation: Professor Dr. Joachim Schiedermair
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