Wolfgang Jacobi – eine neue „Münchner Schule” aus Vorpommern?

Interdisziplinäre Fachtagung

Der 1894 auf Rügen geborene Wolfgang Jacobi gehörte in den späten zwanziger und frühen dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts zu den erfolgreichsten Komponisten der Berliner Musikszene. Jacobi traf als „Entarteter“ 1933 das Berufs- und Aufführungsverbot: Er zog zunächst nach Italien, musste das Land aber 1935 wieder verlassen und verbrachte die Kriegsjahre in München. Nachdem er unter anderem die Vernichtung aller in Berlin zurückgelassener Kompositionen verkraften musste, gehörte er nach 1945 zu den maßgeblichen Gestalten der Münchner Hochschule für Musik, an der er ab 1949 als Professor lehrte. Die Musik Wolfgang Jacobis rückt – unterstützt unter anderem durch die Bemühungen nationaler wie regionaler Institutionen, die sich der Pflege der verfemten Musik widmen – zunehmend wieder ins öffentliche musikalische Bewusstsein. Doch die Geschichte der Musik und der Musiktheorie des mittleren 20. Jahrhunderts, an der viele verfemte und verfolgte Musiker einen nicht unbedeutenden Anteil hatten, liegt nach wie vor zum größten Teil im Dunkeln.
Im Rahmen der Tagung, die aus Anlass des 125. Geburtstags des Komponisten und Hochschullehrers Wolfgang Jacobi stattfindet, liegt der Focus auf dem Wirken Wolfgang Jacobis – aber nicht ausschließlich: Die Kontextualisierung seines Schaffens als Komponist und Musikforscher findet statt im Rahmen einer spezialisierten Institutionengeschichte. Die Situation an der Münchner Hochschule für Musik soll als Fallbeispiel für Reorganisation, Restitution und Neuorientierung dienen. Dabei spielen die Protagonisten der Kulturpolitik an dieser Institution – Richard Trunk, seinerseits Schüler Josef Gabriel Rheinbergers und von 1934 bis 1945 Präsident der Akademie der Tonkunst, und sein Nachfolger, der Komponist Joseph Haas – in mehrfacher Hinsicht eine Doppelrolle: Beide gehörten zum Lehrkörper, der das Fach Musiktheorie vertrat.

Programm
Donnerstag, 21. November 2019
18.00 Uhr
Öffentlicher Abendvortrag
Wolfgang Jacobi als Lehrer
Andreas Ullrich (Genf)
Begrüßung: Ulla Bonas (Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald)
Moderation: Birger Petersen (Mainz)
anschließend: Empfang

Freitag, 22. November 2019
Sektion I: Kontinuitäten und Brüche der Musiktheorie-Ausbildung um 1945
Moderation: Birger Petersen (Mainz)
9.45 Uhr – 10.00 Uhr
Begrüßung: Christian Suhm (Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald)
10.00 Uhr – 10.30 Uhr
Eine neue „Münchner Schule” aus Vorpommern? Eine Einführung
Birger Petersen (Mainz)
10.30 Uhr – 11.00 Uhr
Musiktheorie und Vergangenheitspolitik
Dörte Schmidt (Berlin)
11.00 Uhr – 11.30 Uhr
Kaffeepause
11.30 Uhr – 12.00 Uhr
Von der Musiktheorie zum Tonsatz
Ludwig Holtmeier (Freiburg / Br.)
12.00 Uhr – 12.30 Uhr
Musiktheorie und musiktheoretischer Unterricht in der SBZ und der frühen DDR
Gesine Schröder (Wien)
12.30 Uhr – 13.00 Uhr
Wilhelm Maler und die (west-)deutsche Musiktheorie nach 1945
Jan Philipp Sprick (Hamburg)
13.00 Uhr – 15.00 Uhr
Mittagspause
Sektion II: Trunk, Haas und Jacobi an der Hochschule für Musik München
Moderation: Dörte Schmidt (Berlin)
15.00 Uhr – 15.30 Uhr
Zum Kontrapunktverständnis von Wolfgang Jacobi
Immanuel Ott (Mainz)
15.30 Uhr – 16.00 Uhr
Musikwissenschaft und Musiktheorie
an der Münchner Musikhochschule
in der Nachkriegszeit
Claus Bockmaier (München)
16.00 Uhr – 16.30 Uhr
Biographische Anmerkungen im Kontext der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte
Felicitas Winter (München)
16.30 Uhr – 17.00 Uhr
Kaffeepause
17.00 Uhr – 17.30 Uhr
Joseph Haas: Evolutionär zwischen Avantgarde, Diktatur und Musikhochschule
Wolfgang Haas (Pullach)
17.30 Uhr – 18.00 Uhr
Karl Blessingers Melodielehre und die Folgen
Yvonne Wasserloos (Rostock)

19.00 Uhr
Öffentliches Konzert
Kammermusik und Lieder von Wolfgang Jacobi
Mechthild Kornow, Gesang
Matthias Vieweg, Gesang
Olga Bille, Klavier
Leitung: UMD Harald Braun
Moderation: Birger Petersen (Mainz)
Ort: Aula der Universität Greifswald
anschließend: Referentendinner

Samstag, 23. November 2019

Sektion III: Wolfgang Jacobis Schaffen vor und unmittelbar nach 1945
Moderation: Yvonne Wasserloos (Rostock)
9.30 Uhr – 10.00 Uhr
Wolfgang Jacobi – Leben und Werk als Gegenstand von Musikwissenschaft und Musikpublizistik. Eine Bestandsaufnahme
Ekkehard Ochs (Greifswald)
10.00 Uhr – 10.30 Uhr
Wolfgang Jacobi und die Neue Musik
in München
Sebastian Bolz (München)
10.30 Uhr – 11.00 Uhr
Zwischen Volksmusik, Hausbibliothek und musikalischer Vernunft. Wolfgang Jacobis ‘praktische’ Lehrbücher aus der Nachkriegszeit
Gesa zur Nieden (Greifswald)
11.00 Uhr – 11.30 Uhr
Kaffeepause
11.30 Uhr – 12.00 Uhr
Gegen das Vergessen. Arbeiten zur Wiederentdeckung Wolfgang Jacobis und Erschließung seines Nachlasses
Barbara Kienscherf (Bielefeld)
12.00 Uhr – 13.00 Uhr
Plenumsdiskussion
Leitung: Birger Petersen (Mainz)
17.00 Uhr
Öffentliches Konzert der Regionalstelle Rügen der Musikschule des Landkreises
Vorpommern-Rügen

Wolfgang Jacobi, der Verfemte Komponist: Gesprächskonzert
mit Studierenden der Hochschule für Musik und Theater Rostock
Leitung: Volker Ahmels (Zentrum für Verfemte Musik Rostock)
Moderation: Birger Petersen (Mainz)
Ort: Regionalstelle Rügen der Musikschule des Landkreises Vorpommern-Rügen

Informationen:
Dennis Gelinek M. A.
Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald
17487 Greifswald
Telefon: +49 3834 420–5029
Telefax: +49 3834 420–5005
E–Mail: dennis.gelinekwiko-greifswaldde

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