Wort für Wort aus der christ­lichen Bibel? Jiddische Apokryphen in der Frühen Neuzeit

Fellow Lecture,Öffentlicher Abendvortrag
Foto: Vincent Leifer

Die Bibel gehört zu den bevorzugten Texten, die im Mittelpunkt des gegenseitigen Interesses und Austauschs aber auch der Abgrenzungen zwischen Juden und Christen in Mittelalter und Früher Neuzeit standen. Juden spielten für Christen insofern eine wichtige Rolle, als sie einen Zugang zu hebräischen und aramäischen Texten gewährten, der oft auch Hilfe bei Übersetzungen mit einschloss. Dabei beschränkten sich die Kontakte nicht nur auf die Bereitstellung von Texten aus der jüdischen Tradition, sondern es gab auch eine enge persönliche Zusammenarbeit. Dieser Austausch diente letztlich auch den Bibelübersetzungen in die Volkssprachen als einem der großen Unternehmungen der Reformation. Bisher ist jedoch nur wenig über den umgekehrten Weg der Einflussnahme nachgedacht und untersucht worden, inwiefern die Reformation auch einen Einfluss auf die jüdische Kultur ausübte. Dieser Frage wird der Vortrag anhand einer Gruppe von jiddischen Texten nachgehen, die die Lutherbibel oder die Zürcher Bibel zur Vorlage haben. Die Bücher von Judith, Susanna, Tobit und den Makkabäern gehören zwar zu den sogenannten Apokryphen, erfreuten sich aber in der Frühen Neuzeit trotz ihrer umstrittenen Zugehörigkeit zur Bibel einer großen Beliebtheit bei Christen wie Juden.

Ruth von Bernuth ist seit 2008 Assistenzprofessorin für deutsche Literatur der Frühen Neuzeit an der University of North Carolina in Chapel Hill. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Geschichte der Behinderung, der Narrenkultur, sowie der jiddischen Literatur. 2011/12 war sie als Yad Hanadiv Fellow in Israel. In ihren derzeitigen Forschungsprojekten untersucht sie jiddische Texte, die auf deutschen Vorlagen beruhen und die von der Lutherbibel bis zum Schildbürgerbuch reichen.
Moderation: Professor Dr. Christfried Böttrich


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